Mobilfunk:500 Masten und kein Plan

Mobilfunkmast auf grüner Wiese

Auf dem Land gibt es noch viele Funklöcher. Das neue Mobilfunkzentrum in Regensburg will helfen, sie zu schließen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Regierung investiert 80 Millionen Euro, um bayernweit Funklöcher zu schließen. Dabei weiß niemand so genau, wie viele es gibt und wie groß sie sind.

Analyse von Maximilian Gerl

Theoretisch scheint beim Mobilfunk alles einfach zu sein: Handy raus, telefonieren. Praktisch ist es kompliziert, bayernweit lauern Funklöcher, weshalb man das Handy zwar rausholen, aber manchmal nur sich selbst sprechen kann. Ähnlich ist es mit der Mobilfunkinitiative der Staatsregierung. Sie will 80 Millionen Euro ausgeben und die Funklöcher schließen. Ein wichtiger Baustein dabei ist das Mobilfunkzentrum in Regensburg, das in der vergangenen Woche eröffnet wurde. Praktisch indes hat das Ganze Tücken: Da weiß man nicht genau, wie viele Funklöcher zu schließen sind. Und ob diejenigen, die dann telefonieren könnten, darüber glücklich sind. Und ob die EU das gutheißt. Ein Überblick:

Was macht das Mobilfunkzentrum?

Das neue Zentrum ist bei der Regierung der Oberpfalz angesiedelt. Zehn Mitarbeiter sollen künftig den Kommunen helfen, das Förderverfahren umzusetzen. Dazu zählen unter anderem die Markterkundung oder die Kommunikation zwischen Gemeinden und Netzbetreibern. Ziel ist es, 500 neue Funkmasten in den Gebieten zu errichten, in denen bislang kein Empfang herrscht.

Wie funktioniert das Förderprogramm?

Bislang war der Netzausbau Sache der Netzbetreiber. Das Förderprogramm soll nun Kommunen die Möglichkeit geben, selbst tätig zu werden, sofern die Unternehmen in den kommenden drei Jahren keinen eigenwirtschaftlichen Ausbau planen. Gefördert wird mit bis zu 500 000 Euro der Bau von Sockel und Mast sowie der Stromanschluss. Dabei stünden zwei Möglichkeiten zur Wahl, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium: In der Bauauftragsvariante errichte die Gemeinde den Mast und vermiete ihn dann an die Netzbetreiber. In der Baukonzessionsvariante vergebe die Gemeinde eine Baukonzession an ein Unternehmen, der den Mobilfunkmasten auf eines Risiko plane, baue und betreibe.

Wo liegen Probleme?

Der Gemeindetag hat wiederholt deutlich gemacht, dass er vom Förderprogramm wenig hält. Staat und Industrie hätten die Aufgabe, ein funktionierendes Mobilfunknetz in Deutschland herzustellen und zu betreiben - nicht die kleinen Kommunen. Das wirtschaftliche Risiko sei schlicht zu groß. Ein Grundproblem bleibt ohnehin an den Bürgermeistern hängen: das Finden eines geeigneten, konfliktfreien Standorts für neue Anlagen. Zwar haben die Gesundheitsbedenken gegenüber Funkwellen abgenommen. Doch ähnlich wie bei Windrädern will kaum jemand die Masten im Vorgarten stehen sehen.

Reichen 500 neue Funkmasten aus?

Lokal könnten einige Funklöcher verschwinden. Doch alle dürften sich damit nicht schließen lassen. Das Problem: Wie viele es gibt und wie groß sie sind, weiß niemand genau. Schätzungen schwanken von etwa tausend bis zu einigen Tausend Masten, die bayernweit nötig wären. Es gibt zwar Karten, die den Grad der Mobilfunkabdeckung messen, doch die haben sich immer wieder als ungenau erwiesen. Oft blocken Erhebungen die Funkwellen. Sicher ist, dass der Bau neuer Funkmasten allein nicht reichen wird. Bestehende Anlagen müssen teils nachgerüstet werden, um in ein paar Jahren den Empfang auf 5-G-Basis zu ermöglichen. Diese nächste Mobilfunkgeneration kann mehr Daten schneller transportieren - benötigt aber ein leistungsfähigeres Netz.

Was hält die Wirtschaft von den Plänen?

Wo viele Menschen leben, versprechen Investitionen höhere Gewinne. Daher konzentrierten sich die Netzbetreiber beim Ausbau bislang auf Ballungszentren. Inzwischen scheint der ländliche Raum nachzuziehen; die Förderung, sollte sie denn von Gemeinden abgerufen werden, könnte das verstärken. So wurden im ersten Halbjahr rund 50 neue Masten errichtet und 900 nachgerüstet. Die Telekom kündigte bereits an, bayernweit 1000 neue Masten bis 2020 aufstellen zu wollen. Daneben wolle man rund 100 Lücken schließen.

Wann geht es los?

Das Förderprogramm soll im Herbst starten, bis dahin wird auch eine Antwort der EU-Kommission erwartet. Sie prüft derzeit das Vorhaben. Ein Standardverfahren. Dabei wird in der Regel untersucht, inwieweit der Staat in den Markt eingreift. Erst wenn Brüssel zustimmt, kann gefördert werden.

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