Mittagspause:Armes Würstchen an der Autobahn

Würstchen

War's ein Wienerl? Welche Art von Wurst sich der Trucker warmmachte, ist nicht überliefert.

(Foto: dpa)

Es gibt tatsächlich die richtige Wurst für den richtigen Ort. Ein Lastwagenfahrer hat sich aber völlig vertan, als ihn der Hunger auf der Autobahn überkam.

Kolumne von Katja Auer

Es gibt sie, die richtige Wurst am richtigen Ort. Drei im Weckla zum Beispiel sind im Bestfall zu verspeisen im Schatten der Nürnberger Burg. Eine Coburger Bratwurst, gebraten auf Kühla, also Kiefernzapfen, und eingezwickt in eine kleine Semmel, die weniger zur Beilage als vielmehr als Halterung dient, sollte idealerweise auf dem Coburger Marktplatz unter dem Blick das Bratwurstmännlas auf dem Rathausdach verzehrt werden. Und Bratwürste mit süßem Senf und Sauerkraut isst man in der Regensburger Wurstkuchl.

Ob es dagegen unbedingt eine Currywurst sein muss in einer fränkischen Dorfwirtschaft? Oder eine Weißwurst im äthiopischen Addis Abeba? Diese kulinarische Exkursion wurde kürzlich mit der bayerischen Lebensart gerechtfertigt, die Ministerpräsident Markus Söder den neuen afrikanischen Freunden bei seiner ersten großen Auslandsreise demonstrieren wollte. Aber eigentlich gehört die Weißwurst in eine altbayerische Wirtshausstube, da gibt es kein Vertun.

Gänzlich daneben bei der Wahl des Ortes für den Wurstverzehr lag nun ein Lastwagenfahrer auf der Autobahn 3 bei Stockstadt am Main. Der parkte kurzerhand auf dem Seitenstreifen, packte seinen Gaskocher aus und machte sich zur Mittagszeit ein paar Würstchen heiß. Was die Polizei recht fassungslos machte, wie aus ihrem Bericht herauszulesen ist: "Dass er bei den schnellen Vorbeifahrten ununterbrochen vom Luftzug irritiert wurde, schien ihn genau so wenig zu stören, wie dass er beim kleinsten Fahrfehler eines Vorbeifahrenden in Lebensgefahr schwebte."

Der Mann sei von der Polizei "eindringlich belehrt" worden und musste 100 Euro Strafe zahlen. Und den "absolut ungeeigneten Parkplatz" natürlich sofort verlassen. Ob er seine Mahlzeit vorher noch zu Ende bringen konnte und welche Würstchen er überhaupt zu verzehren gedachte, das geht aus dem Polizeibericht leider nicht hervor.

Spontan muss man an Wienerle denken, diese unprätentiösen Würstchen für zwischendurch. Eine echte Heimat scheinen sie nicht zu haben, es gibt sie überall. An Imbissbuden und Metzgertheken und auf Autobahn-Parkplätzen, beim Picknick auf dem Weg in den Urlaub, einfach auf die Hand. Aber ein Seitenstreifen? Da gehört nicht das ärmste Würstchen hin.

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