Mitten in Würzburg:Wenn Betonköpfe obsiegen

Ein Staatsarchiv sollte ein gewisses Umfeld habe, etwa einen Forschungsverbund, der Nutznießer einer solchen Einrichtung sein könnte. Aber Strukturpolitik folgt eben nicht immer der Logik

Kolumne von Olaf Przybilla

Der geplante Umzug des Würzburger Staatsarchivs nach Kitzingen? Vielleicht beginnt man da mit einer Lobrede auf Markus Söder. Nein, kein Scherz. Es mögen mitunter durchsichtige Gründe sein, warum Söder noch nie einer war, der unbeirrt besserer Argumente einfach immer weiter gerannt ist auf dem einmal eingeschlagenen Weg. Aber was will man für Amtsträger? Solche, die vor allem recht bekommen wollen? Oder solche, die einzuräumen in der Lage sind, dass ihr erster Gedanke - mag er noch so griffig gewirkt haben - leider nicht haltbar war bei näherer Betrachtung?

Um was geht es bei diesem Umzug? Leider um eines der absurdesten Bauprojekte seit dem Turmbau zu Babel. Wobei die Grundgedanken keine schlechten waren, als der Umzug entschieden wurde. Söder wollte Platz schaffen auf Würzburgs Festung, einer Heimat des Archivs, und zwar fürs geplante Museum für Franken, okay. Er wollte sein damaliges Profil schärfen als Heimat- und Finanzminister, möglichst beides auf einen Schlag, auch schön. Und er wollte der vom Abzug der US-Army noch immer lädierten Stadt Kitzingen unter die Arme greifen, auch gut.

Auch gegen Söders "Heimatstrategie" ist gar nichts einzuwenden. Es gibt keinen Grund, warum man sich um Statistik im brummelvollen München kümmern muss - schon daher war der Umzug des Landesamtes nach Fürth, wo Platz war nach dem Quelle-Aus, gut so. Der Umzug indessen eines Staatsarchivs aus dem Forschungsverbund der ältesten Unistadt Bayerns in einen 20 Kilometer weit entfernen weißen Fleck auf der Forschungslandschaft wäre ein Sündenfall einer ins Groteske verzerrten Strukturpolitik. In Kitzingen braucht kaum jemand ein Staatsarchiv - in Würzburg sehr wohl!

Kaum noch zu überblicken ist es, wie viele Experten sich schon gegen den Umzug verwendet haben. Trotzdem wird weitergewurstelt. Nun ist der Planungswettbewerb entschieden worden. Ja, ein gelungenes Gebäude. Aber 50 Millionen Euro für eine Verschlimmbesserung, eine Arbeitsbehinderung für Forscher? Dafür sollte es kein einziges geeignetes Grundstück in Würzburg geben - im Ernst?

Es wäre etwas peinlich, dieses Projekt jetzt noch zu stoppen, stimmt. Noch viel peinlicher aber ist Betonköpfigkeit zuungunsten des Forschungslands Bayern.

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