Mitten in Passau:Oster ist der nettere Müller

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Hinter dem Zahnpasta-Lächeln des jung-dynamischen Passauer Bischofs verbirgt sich nur der nächste Hardliner

Von Rudolf Neumaier

Stefan Oster, 49, ist eine Hollywood-Besetzung für einen Bischof. Wahnsinns-Aura! Gewiss nicht nur für Frauen. Auch viele Männer im Bistum Passau bis hinauf zum Generalvikar vergöttern diesen Prachtburschen. Als Bischof, versteht sich. Bevor er Theologe wurde, durchlief Oster eine Laufbahn als Journalist. Lokalradio vor allem, auch ein bisschen Print. Respektabel. Jetzt aber wettert er los gegen die früheren Kollegen, die Passauer Neue Presse (PNP) zum Beispiel. Die ansonsten möglichst kirchenfreundliche Zeitung wagte im Interview mit ihm anzusprechen, dass seine dogmatische Glaubenspflege in der Diözese zuweilen kritisch betrachtet werde. Diesen Umstand machte die Zeitung dann auch zur Überschrift. Oster, der Medienfex, konterte auf Facebook, man könne Inhalte nach Belieben auswechseln. Etwa so: "Im Verbreitungsgebiet der Passauer Neuen Presse grummelt es gewaltig. Nach internen Informationen ist der Frust über die journalistische Qualität der Heimatzeitung mittlerweile so groß, dass zahlreiche Abonnenten eine Kündigung erwägen. Es sollen Sätze gefallen sein wie: ,Dann lesen wir eben nur noch das Anzeigenblatt'."

Man muss kein Medienwissenschaftler sein, um schwer von Osters Presseschelte beeindruckt zu sein. Zur Erinnerung: Ein gewisser Gerhard Ludwig Müller, heute Präfekt der Glaubenskongregation in Rom, ging einst als Bischof von Regensburg wesentlich plumper zu Werke, wenn er gegen die Medien und den Zeitgeist mit Nazi-Vergleichen bellte wie ein Rottweiler mit Blutwitterung. Entsprechend gefährlich sieht es aus, wenn Müller lächelt. Osters Lächeln hingegen wirkt so ehrlich und sauber, dass es jede Zahnpastawerbung schlaff aussehen lässt. Aber Hardliner sind sie beide.

Nur ist Oster der nettere Müller. Subtiler. Eloquenter. Überzeugender. Klüger. Auch lebensnäher, denn als Bewohner einer WG kann Oster bestimmt mal die Brösel aus dem Toaster kippen. Und schöner ist er sowieso. Wenn Bischof Oster nun auch noch plausible Gründe dafür liefern kann, dass ausgerechnet seine Kirche als einzige Institution dieser Welt sich und ihre weltfremden Regeln nicht zu hinterfragen braucht, dann soll er Papst werden. Wenn nicht, soll ihm die PNP das Abo kündigen. Für solche Profis tun's auch Anzeigenblätter.

© SZ vom 28.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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