Mitten in Nürnberg:Ganz schön großstädtisch

Die einen finden es antiquiert, die anderen familienfreundlich und immer wieder wird es diskutiert - das Ladenschlussgesetz. In Nürnberg können die Ganz-früh- und Ganz-spät-Aufsteher jetzt da nur noch lächeln. Denn im Hauptbahnhof hat ein Discounter nun eine Filiale eröffnet. Shoppen von 6 bis 22 Uhr - das gibt's nicht mal im großen München

Von Katja Auer

Es gehört zu den lustigeren Episoden aus der bayerischen Parlamentsgeschichte, wie die CSU-Fraktion einmal gegen sich selber stimmte. Und gleichzeitig dafür und zwar so demokratisch, dass ein astreines Patt dabei herauskam. Das ist Jahre her, es ging um den Ladenschluss, den die Hälfte der CSU-Abgeordneten gerne etwas aufgelockert hätte, aber weil die andere Hälfte das nicht wollte, darf heute wie damals in Bayern nur bis 20 Uhr eingekauft werden. Das hat auch die FDP in ihrem fünfjährigen Gastspiel in der Staatsregierung nicht ändern können.

Die einen finden das antiquiert, die anderen familienfreundlich, und immer wieder wird es diskutiert. Besonders in den Grenzgebieten, weil außenrum längst länger eingekauft werden kann.

In Nürnberg jetzt auch, selbst wenn das noch innerhalb der Landesgrenze liegt. Ja, das tut es. Dort hat der Discounter Lidl am Montag eine Filiale im Hauptbahnhof eröffnet, geöffnet von sechs Uhr morgens bis 22 Uhr am Abend. Auch am Sonntag. Das geht deswegen, weil an Bahnhöfen auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten die Dinge verkauft werden dürfen, die man als Reisender so braucht. Was zu lesen also und ein Getränk und vielleicht eine Zahnbürste, wenn man die eigene vergessen hat. Wie das jetzt ist, wenn der späte Einkäufer mit seinem Sparpaket Waschmittel, einer Palette Milch und fünf Packerl Tiefkühlspinat zur Kasse kommt, das ist bislang ungeklärt. Offenbar auch beim Personal. Man werde mal abwarten, wie sich die Behörden das so vorstellen, heißt es. Fest steht aber schon, dass es am Wochenende nach 20 Uhr kein Bier und keinen Schnaps mehr gibt. Da gehen die Rollläden vor dem Alkohol-Regal zu. Auch wenn sich das die Konsumenten vielleicht nicht so vorstellen.

Es ist auf jeden Fall ganz schön großstädtisch, shoppen bis 22 Uhr. In München gibt es keinen Discounter am Bahnhof, da können sich die Nürnberger jetzt was drauf einbilden, wenn sie möchten. In München gibt es dafür am Flughafen einen Supermarkt, der sogar noch länger geöffnet hat. Und wenn es jetzt einen Transrapid gäbe, dann könnte man vom Hauptbahnhof in zehn Minuten . . . Egal. Gibt es nicht. Wird eben rechtzeitig vor Ladenschluss eingekauft.

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