Süddeutsche Zeitung

Mitten in Nürnberg:Einbruch ist mehr als nur ein Job

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Bislang wäre keiner auf die Idee gekommen, das Wort "Einbrecher" als Berufsbezeichnung herzunehmen. Dies musste erst einem Nürnberger Staatsanwalt einfallen.

Von Katja Auer

Es scheint so einfach zu sein: Wenn einer sein Geld damit verdient, dass er jeden Tag in die Schule geht, um den Jugendlichen dort - sagen wir mal - die Besonderheiten der Innertropischen Konvergenzzone nahezubringen, dann ist er ein Lehrer. Biologie, in dem Fall. Oder wenn jemand Schränke baut oder Tische und die an seine Kunden verkauft, dann ist er ein Schreiner.

Wenn aber nun jemand seinen Lebensunterhalt damit bestreitet, in anderer Leute Häuser einzusteigen und deren Eigentum an sich zu nehmen? Dann ist er kriminell, klar, ein Einbrecher. Aber das ist schließlich kein Beruf. Bisher wenigstens. In Nürnberg allerdings stehen zurzeit drei Männer vor dem Landgericht, die genau das sind: Einbrecher. Und weil sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht haben und damit auch ihr Geld verdienten, also das krumme Geschäft gewerbsmäßig betrieben, hat der Staatsanwalt ihnen kurzerhand die entsprechende Berufsbezeichnung verpasst. So steht es nun in der Anklageschrift. Beruf: Einbrecher.

Eine qualifizierte Ausbildung braucht es dafür offenbar nicht, möglicherweise reicht ein gewisses Talent und die notwendige kriminelle Energie. Und eine gewisse Flexibilität. So verlegten die Männer ihr Tätigkeitsfeld nach Deutschland als in Frankreich Haftstrafen drohten und betrieben ihr Geschäft auch in Franken. Sie klauten Digitalkameras und Navigationsgeräte, Schmuck, Besteck und Münzen. Geregelte Arbeitszeiten gab es offenbar nicht, sogar an Weihnachten waren sie zu Gange, hält die Staatsanwaltschaft fest - und man meint, einen leicht empörten Unterton zu hören. Nichts mit Weihnachtsfrieden.

Wäre der Einbrecher außerhalb der Nürnberger Justiz eine anerkannte Tätigkeit, würde er wohl in der Liste der angesehensten Berufe nicht sehr weit vorne auftauchen. Vom Meisterdieb der Gebrüder Grimm vielleicht einmal abgesehen. Sonst stehen da Ärzte, Krankenschwestern und Polizisten, ganz hinten Politiker, Banker und Fernsehmoderatoren. Einbrecher käme sicher noch danach. Das kommt vielleicht dem vierten der Bande entgegen, der offenbar nicht zum Profi taugt. Aus Sicht des Staatsanwaltes wenigstens. Bei ihm steht als Berufsbezeichnung: Akademiker.

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Quelle:
SZ vom 12.10.2015
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