Mitten in Fürth:Der Fluch des Faxes

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So manche Neuigkeit hat die Welt erreicht, obwohl sie das gar nicht sollte. Doch so ein Versehen kann auch ein Glücksfall sein: zum Beispiel für ein Kleinod unter den Kulturschuppen

Glosse von Olaf Przybilla

Wie oft hat man das schon erlebt: Man steht am Faxgerät und plötzlich rattert das eine solche Ansage hinaus in die Welt, dass einem ganz anders wird. Diese zu Unrecht in die Jahre gekommenen Geräte führen nun mal ein Eigenleben und wenn sie was loswerden wollen, dann hilft da gar nichts.

In etwa so muss das kürzlich vonstatten gegangen sein bei einem Immobilienmogul des allgemein fränkischen Vertrauens. Danach sind sie dann natürlich alle hergefallen über diesen aller Ehren werten Mann: Wie das denn sein könne, eine so abrupte Kündigung aus dem Nichts? Ob der denn gar kein Herz habe für Fürth, für Franken - ach was, für die gesamte Kulturszene Süddeutschlands? Und ob dieser Immobilienmensch in seiner "Kofferfabrik" eigentlich schon mal selbst gewesen sei? Weil: Ansonsten könne er ja kaum so herzlos sein, dieses Kleinod unter den Kulturschuppen, dieses Schmuckstück ambitionierten Abhängens, diesen Backstein gediegener Neogutbürgerlichkeit (früher bekannt als "linksversifft") einfach so vor die Tür zu setzen.

Der dodale Dsunamie sagt der Franke, wenn etwas relativ dick kommt, und da darf man schon mal ein Herz aufbringen für die Immobilienmenschen dieser Erde und sich hineinversetzen in ein Schicksal, das die sich ja auch nicht ausgesucht haben. Jedenfalls hätte einem die Geschichte mit dem Faxgerät ja doch keiner geglaubt. Was also tun stattdessen? Zumal gerade das Telefon geht und das führende Blatt der Stadt um Antwort bittet.

Um das hier vorab einzufügen: Es ist so schön, Menschen dabei beiwohnen zu dürfen, wenn sie einfach die Wahrheit sagen. Oder eine pragmatische Variation darauf. Den Fürther Nachrichten jedenfalls hat der Immobilientrust das Ganze so erklärt: Es habe da einen "katastrophalen Kommunikationsfehler" gegeben, "menschliches Versagen" habe eine Rolle gespielt dabei. Die "Grundlagen" des demnächst auslaufenden Vertrages habe man prüfen wollen. Und dabei - verfluchtes Pech! - sei es zu einer Verwechslung mit einem anderen Mietvertrag gekommen, sodass die Anwälte aus Versehen eine Kündigung hinausgeschickt hätten.

Es war der Anwalt, nicht das Faxgerät. Gleich wie: Ehre gebührt dem freundlichen Sender. Weil so viel Zuwendung hat die "Kofferfabrik" lange nicht erlebt.

© SZ vom 10.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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