Bayreuth :Wagnerscher Wahn ums Klohäusl

Bayreuth : Das Richard-Wagner-Festspielhaus - ach was, ganz Bayreuth - ist immer wieder Schauplatz von absurdem Theater.

Das Richard-Wagner-Festspielhaus - ach was, ganz Bayreuth - ist immer wieder Schauplatz von absurdem Theater.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Ach, Bayreuth. Traumziel der Wagnerianer, Pilgerort für Opernliebhaber. Und immer wieder Schauplatz von allerlei großem Theater. Diesmal geht es um einen Abort.

Glosse von Olaf Przybilla

Bei einem Besuch auf dem Hügel hat der notorische Literaturnobelpreisaspirant Haruki Murakami vor zwei Jahren in der Zeit Tagebuch geführt. Und seither ist man allerlei schlechter Gefühle entledigt. So wäre es offenbar total okay, vor einer Wagner-Aufführung in "kurzen Hosen" durch Bayreuth zu flanieren, in einem "Einkaufszentrum" dem Weißbier zuzusprechen und sich dazu eine fette Currywurst und einen "Berg Pommes frites" für acht Euro einzuverleiben. Kulturmenschen machen so etwas nicht? Lächerlich: Das macht Murakami.

Und noch etwas konnte man sich merken aus den Hügelskizzen des Schriftstellers. Viele Deutsche tränken in der Wagner-Pause "genussvoll ein Bier", hat Murakami beobachtet, was er gleichwohl im Gegensatz zu Weißbier samt Berg Currywurstpommes tags zuvor für problematisch hielte. Immerhin kamen selbst dem explizit nicht zur Korpulenz neigenden japanischen Romancier die Sitzreihen im Festspielhaus so eng vor, "dass man, sobald man einmal sitzt", nicht mehr rauskomme. Mehr noch: "Es ist völlig ausgeschlossen, mittendrin aufzustehen und auf die Toilette zu gehen. Also heißt es, geduldig ohne Flüssigkeit auszuharren."

Womit ein Thema gesetzt wäre, ohne dass hier behauptet werden soll, es sei Murakami gewesen, der die menschliche Notdurft zum Leitmotiv an Bayreuther Kaffeetischen gemacht hätte. Und das schon deshalb nicht, weil sich das erste Klo-Kolloquium der Stadt über Monate nicht um die Latrine als Heiligen Gral an sich gedreht hat, sondern um einen speziellen Lokus: den neben dem Festspielhaus.

Dessen Neubau war so teuer, dass sich ein erregt nachrechnender Einheimischer für das Geld "locker ein unterkellertes Einfamilienhaus" hätte leisten wollen. Vor allem aber wurde das unterm Terminus Mehrzweckklo eingeführte Häusl 130 000 Euro teurer als geplant - und ist in Bayreuth seither unter dem assoziativen Rubrum "Kloexplosion" geläufig.

Damit nicht genug. Gerade erhitzt sich der Stadtrat über einen Abort am Haus Wahnfried, für den - die Drangsal nahender Festspiele wohl nicht mehr aushaltend - die Baureferentin sich erlaubte, Tatsachen zu schaffen und einen Baum umzulegen ohne letztgültiges Plazet der Räte, die nun schäumen vor Wagnerwut: Hojotoho und wehewehe! Ach, Bayreuth.

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