Mitten in Bayern:Wer kennt nicht Freilassing?

Der Satiriker Jan Böhmermann hat jüngst einen angeblichen Freilassinger Serienmörder erwähnt, den es zwar nicht gibt, was in der Stadt aber die Frage aufwirft, wie der Mann drauf kommt. Dafür kann es eigentlich nur eine Erklärung geben

Kolumne von Johann Osel

Gerade läuft der Film "Der Goldene Handschuh" im Kino, über Fritz Honka, bekannt als "der Frauenmörder von St. Pauli". Solchen Tätern eine Art Markennamen zuzusprechen, mit Ort und Detail des Verbrechens, ist ja üblich. Das Zeitungsarchiv listet etwa auf: den "Würger von Aachen", den "Ripper von Magdeburg" oder den "Oma-Mörder von Bremerhaven"; zuletzt versetzte der "Messerstecher von Nürnberg" Bürger in Angst. In ihrer Online-Sendung sprachen der Satiriker Jan Böhmermann und sein Kompagnon Olli Schulz jüngst über lokale Serienmörder. Dabei Erwähnung fand einer im Berchtesgadener Land: "der Treter von Freilassing". Sieben Menschen habe der auf dem Gewissen, was aber wegen all der wichtigen Promi-Nachrichten medial untergehe. Manch Einheimischer war womöglich erschrocken: Dort kennt man zwar einen "Seher von Freilassing", Alois Irlmaier, berüchtigt für Prophezeiungen vor gut 100 Jahren; über einen "Treter" hat aber selbst die Polizei noch nichts gehört geschweige denn ermittelt.

Nun ist angesichts des Urhebers klar, dass das ein Gag war. Wie aber kommt ein gebürtiger Bremer auf die Stadt im äußeren Südosten Oberbayerns, die er beim hurtigen Blick auf die Deutschlandkarte wohl für einen Salzburger Vorort halten würde? Die Passauer Neue Presse fragte gleich bei seinem Management nach, bislang ohne Antwort. Wo könnte Böhmermann über Freilassing gestolpert sein? Die Liste der großen Söhne und Töchter der Stadt ist überschaubar, wenngleich Fußballweltmeister Paul Breitner und Tatort-Kommissar Miroslav Nemec hier aufgewachsen sind. Es gäbe ein historisches Comedy-Vorbild, beim Duo Erkan und Stefan kam in einem Sketch mal eine "Pizza Freilassing" vor, aber das ist doch recht lang her. Und einen Urlauber Böhmermann in den Freilassinger Biergärten oder im Kurareal im nahen Bad Reichenhall hat auch noch keiner gesehen.

Es gibt im Grunde nur eine Erklärung: Freilassing ist, wieso auch immer, in ganz Deutschland einfach ein fixer Begriff, eine Stadt, die man kennt. Das wäre erst mal eine schöne Sache, die Reaktionen bei der Lokalpresse auf Facebook lauten aber ganz anders. Da steht über Böhmermann: "Nervbacke Nr. 1", "Kasperl", "den kann man nicht ernst nehmen". Das freilich sollte man ja wirklich keinesfalls.

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