Mitten in Bayern:Wenn Kühe ganz tief sinken

Statistiker in den Vereinigten Staaten von Amerika schätzen die bislang oft als harmlos eingestuften Paarhufer als äußerst gefährlich ein. Auch im Freistaat benehmen sich die Wiederkäuer bisweilen daneben. Und dennoch, sobald Kühen etwas zustößt, erwacht bei Bayerns Behörden der Beschützerinstinkt

Kolumne Von Florian Fuchs

Die Kuh ist ja inzwischen nicht mehr nur das gemütliche Vieh, das auf der Weide steht, wiederkäut und Milch gibt. Die Kuh ist mancherorts ein Ärgernis, sie läutet mit ihren Glocken und verschreckt auch sonst Anwohner und Touristen, denen sie arglistig nachstellt, wenn die mal wieder auf ihrer Almwiese herumtrampeln und am Ende sogar noch einen Hund bei sich führen. Der Ruf des Paarhufers hat in jüngster Zeit gelitten, das hat sogar eine US-Sicherheitsbehörde bemerkt, und dort klingt so etwas ja immer sehr dramatisch: Die Kuh, stellt die Consumer Products Safety Commission fest und beruft sich dabei auf offizielle Verletztenlisten, ist für den Menschen gefährlicher als der Weiße Hai.

Das ist gemein, aber das hat sich die Kuh nun selbst eingebrockt. Trotzdem muss man das Tier schon auch verteidigen, weil eigentlich will es ja wirklich nicht mehr als grasen, wiederkäuen und eben Milch geben, von einigen schwarzen Schafen abgesehen. Die Mitarbeiter des Bergamts Süd haben das erkannt und sind deshalb weitaus nachsichtiger als die statistisch versierten Kollegen aus den USA: Die Kuh gilt es zu schützen, trotz allem. Das Bergamt Süd wird deshalb in den nächsten Wochen Probebohrungen in Buching im Ostallgäu vornehmen, damit unter anderem Regina endlich nicht mehr in Gefahr schwebt. Kuh Regina hat dort nämlich vor einem Jahr überregionale Bekanntheit erlangt, als sie beim Grasen plötzlich eingesackt und in ein mehr als sechs Meter tiefes Loch gefallen ist. Ihr Besitzer musste sie mit Bagger und Seilwinde wieder Richtung Sonne hieven, das arme Vieh war damals auch noch trächtig - ein paar Tage später hat Regina gekalbt.

Alle sind wohlauf, Regina, das Kalb und der Landwirt auch, aber der Sturz gibt immer noch Rätsel auf. Offenbar war die Kuh beim Grasen in einen ehemaligen Stollen eingesackt, im Ortsteil Pfefferbichl ist kurz nach dem Zweiten Weltkrieg Braunkohle gefördert worden. Das Bergamt Süd will nun anhand von Probebohrungen den Verlauf der längst stillgelegten Stollen erkunden und diese, wenn nötig, sanieren. Nicht, dass am Ende noch eine benachbarte Straße einsackt, oder, schlimmer: die Kühe wieder böse werden.

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