Mitten in Bayern:Wenn ein Dieb den Löffel abgibt

Das Kloster Weltenburg hat nach Jahrzehnten seine Inventarliste wieder komplett

Kolumne von Johann Osel

Diebe und andere Tunichtgute, die das schlechte Gewissen umtreibt, gibt es immer wieder. Vor ein paar Jahren ist bei der Polizei in Straubing ein Mann aufgetaucht, der gestand, er habe im Suff ein Fahrrad geklaut; solche Einsichten nach durchzechten Nächten sind nachvollziehbar. Manchmal wird Dieben die Schändlichkeit ihrer Tat auch erst im Nachhinein bewusst: In München meldete sich mal ein Mann bei der Polizei, der eine in der S-Bahn vergessene Geige mitnahm - die Zehntausende Euro wert war. In Freilassing brachte ein Grabdieb ein Bäumchen zurück und grub es sogar wieder ein. Im Landkreis Fürth bekam ein Pfarramt entwendete antiquarische Bücher zurück, der Dieb zweier Zündschlüssel von Rettungsfahrzeugen in der Nähe von Amberg verriet zumindest mit einem anonymen Anruf das Versteck. Das böse Gewissen quält und martert, so könnte man das in biblischer Sprache formulieren. Im Kloster Weltenburg in Niederbayern gewährt man nun Vergebung - nachdem man kuriose Post erhalten hatte.

Betreff: "Löffelrückgabe". So steht es im Brief eines Mannes, den die Klosterschenke auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte. Der Absender hatte vor mehr als 40 Jahren aus dem Lokal in der barocken Anlage einen Kaffeelöffel mitgehen lassen, "als Souvenir". Den schickte er, luftgepolstert verpackt, zurück, mitsamt Schreiben an die "lieben Benediktiner". Darin heißt es: "Ich bin sicher, dass eine späte Reue besser ist als gar keine." Mit der Bitte um Vergebung übersende er daher den "halb-antiken Löffel". Vom Empfänger gab es "herzlichen Dank an diesen ehrlichen Menschen". Auf Facebook reagierten die Nutzer mit Respekt. Und mit Humor: "Endlich kann die Soko Klosterlöffel aufgelöst werden." Strafrechtlich wäre der Fall ohnehin längst vergessen.

Und moralisch? Für derlei Erörterungen ist man in einer Abtei ja richtig. Ein anderer Benediktiner, Aegidius Jais, empfahl zwar Ende des 18. Jahrhunderts in seinem Lehrbuch "Guter Samen auf ein gutes Erdreich" hart: "Eine späte Reue ist gar selten eine wahre Reue. Wie man lebt, so stirbt man auch gemeiniglich." Doch es bietet sich 1. Johannes 1,9 an: "Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht; er vergibt uns die Sünden und reinigt uns von allem Unrecht." Von einem zeitlichen Rahmen steht da nichts.

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