Mitten in Bayern:Wenn die Grünen schludern

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Fraktionschef Hartmann hat bei seiner Kür zum Kandidaten was vergessen

Von Lisa Schnell

Große Ereignisse versetzen den Menschen in Aufregung. Das führt gelegentlich dazu, dass im alles entscheidenden Moment das Wichtigste vergessen wird. Dieses Phänomen kann etwa bei Hochzeiten beobachtet werden. Ein Jahr lang wurde geplant. Die Farbe der Servietten sorgsam abgewogen, die Länge der Schleppe zentimetergenau vermessen. Moralische Fragen diskutiert: Wenn der Vater vom Toni seine Gabi mitbringt, kann man dann dem Bruder vom Georg sagen, dass er seine Anna daheim lassen soll? Am Ende aber war alles perfekt, nur der Bräutigam klopfte vor dem Altar hektisch seine Taschen ab. An alles wurde gedacht. Nur nicht an die Ringe.

Es sind die Glücksgefühle, die den Menschen im Freudentaumel zu einer gewissen Schludrigkeit verführen. Schließlich vergessen Ratten, die per Knopfdruck das Glückszentrum in ihrem Gehirn stimulieren können, zu essen und zu trinken. Vielleicht erscheint der Sprung zu Ludwig Hartmann an dieser Stelle etwas weit: Jedenfalls erlebte auch der Fraktionschef der Grünen im Landtag die Tücken, die aufregende Ereignisse so mit sich bringen.

Am Montag gab Hartmann bekannt, dass er die Grünen in den Landtagswahlkampf 2018 führen will. Er bewirbt sich als Kandidat für die Urwahl, mit der seine Partei ihr Spitzenkandidaten-Duo bestimmt. Hartmann erklärte sich als erster. Eines aber scheint er in der Aufregung vergessen zu haben: Bewerben kann sich nur, wer für den Landtag aufgestellt ist. Dazu fehlt Hartmann eine kleine Formalie. Zwar wurde er Anfang Oktober in seinem Stimmkreis in München-Mitte als Kandidat gewählt, die Wahl aber könnte angefochten werden. Der Grund: Es waren nicht wie vorgeschrieben alle Parteimitglieder aus dem Stimmkreis eingeladen. Sechs fehlten. Nicht weiter schlimm. Die Wahl wird bald nachgeholt. Hartmann dürfte es also noch schaffen. Die Bewerbungsphase dauert vier Wochen, wie Landeschefin Sigi Hagl in einer Mitteilung schrieb. Darin erwähnte sie auch, dass die Grünen als einzige Partei ihre Mitglieder über die Spitzenkandidaten entscheiden ließen. Dass die FDP Ähnliches vorhat, das hatte sie wohl vergessen. Vielleicht war auch sie einfach nur aufgeregt.

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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