Es gibt ja etliche Anhaltspunkte dafür, den Katholischen Männerverein Tuntenhausen für eine Art Rosenkranz-Flügel der CSU zu halten oder jedenfalls für eine Untergliederung der Christsozialen, obwohl er personell wenig bis gar keine Überschneidungen mit der Frauenunion hat. Zur jährlichen Herbstwallfahrt des Vereins zur Basilika Mariä Himmelfahrt in Tuntenhausen zum Beispiel hat dieser Tage gleich die CSU Rosenheim eingeladen. Das ist natürlich pragmatisch gelöst, denn zumindest was die Mitgliederverwaltung betrifft, ist der Katholische Männerverein - um es mal auf Kirchenlatein zu sagen - ein bisschen retro. So wusste er zuletzt jedenfalls nicht so ganz genau, wie viele der gut 1000 Mitglieder in seiner Kartei überhaupt noch am Leben sind. Aber wenn die CSU zu der Wallfahrt einlädt, dann wird sie die meisten lebendigen Mitglieder schon irgendwie erreichen, und die Toten kommen sowieso nicht mehr. Außerdem ist ja allen klar, dass die Herbstwallfahrt immer am letzten Sonntag im September stattfindet. Also heuer ausgerechnet am Tag der Bundestagswahl.
So eine Wallfahrt nach Tuntenhausen habe bis heute schon oft "Trost und Hilfe" gewährt, heißt es vom Vereinsvorsitzenden, dem früheren Ampfinger Feuerwehrkommandanten und ehemaligen bayerischen Staatskanzleichef und Umweltminister Marcel Huber. Trost könnte für Hubers Partei laut den jüngsten Umfragen wohl spätestens am Wahltag nach 18 Uhr vonnöten sein, und Hilfe könnte die CSU diesmal womöglich sogar schon etwas früher brauchen.
Da ist es natürlich riskant, die Treuesten der Treuen ausgerechnet für den Wahltag zur Wallfahrt zu animieren. Der Gottesdienst beginnt ja schon um 9 Uhr, und im Anschluss findet auch noch die obligatorische politische Kundgebung statt. Die Lokalwahl für die Kundgebung ist mit dem Gasthaus Schmid direkt neben der Basilika natürlich naheliegend. Bloß könnte danach das Wahllokal für manchen weit gereisten Pilger nur noch schwer zu erreichen sein. Da wäre es für die CSU vielleicht doch sicherer gewesen, der Einladung zur Wallfahrt auch gleich eine Aufforderung zur vorherigen Briefwahl beizufügen. Dass das Kreuz dann massenhaft bei anderen Parteien gesetzt würde, müsste sie ja nicht befürchten.