Oberbayern:Wo das Friedhofsklo kein stilles Örtchen ist

Schultoilette

Die Kunden in Piding wären schon über eine einfache Toilette froh.

(Foto: dpa)

In Piding gibt es Sportartikel-Outlets - aber keine Toiletten für die Kunden. Also weichen die auf das WC am nahen Friedhof aus. Zumindest bis jetzt.

Von Matthias Köpf

Die Friedhofstoilette im oberbayerischen Piding ist ein Ort von angemessener Nüchternheit. Das Interieur stammt stilistisch aus dem mittleren bis späten 20. Jahrhundert, und rein vom äußeren Eindruck her ist es nicht auszuschließen, dass derjenige, der damals diese Fliesen gelegt hat, längst selbst hier am Friedhof liegt. Eigentlich würde das alles für die Bedürfnisse auf einem Friedhof vollkommen ausreichen, denn auch in Piding stehen die Toten nicht plötzlich auf und waschen sich das Gesicht, der Harndrang treibt sie nicht nächtens aus dem Grab.

Es werden in Piding nicht mehr Menschen beerdigt als anderswo, mit jährlich 10,3 Toten auf 1000 Einwohner liegt man genau im bayerischen Schnitt. Und Allerheiligen, wenn sich die Katholiken an den Gräbern versammeln, ist auch nicht öfter als irgendwo sonst. Trotzdem will keine rechte Ruhe einkehren am Pidinger Friedhofsklo. Der Gemeinderat hat nach mehreren Sitzungen jetzt immerhin einen Plan.

Denn die meisten Toilettenbesucher sind ursprünglich gar nicht zum Gedenken, zum Gießen oder zum Buchsbaumschneiden gekommen, sondern wegen all der angeblich so viel billigeren Turnschuhe, Trikots, Trainingshosen, Jacken, Taschen, Trachten, Mützen und Handschuhe. Über die Jahre hat sich zwischen dem Friedhof und der Salzburger Autobahn nämlich eine Einzelhandelshölle aus allerlei Outlets aufgetan, und wo so knapp kalkuliert wird wie dort, da geht sich eben kein Kundenklo mehr aus - auch bei dem Sportartikler nicht, der lange Zeit als einziger eins im Sonderangebot hatte. Seither werden die vielen Kunden nötigenfalls aufs Friedhofsklo geschickt.

Das erschient den Gemeinderäten aber als Ruhestörung. Also soll ein eigenes Häuschen für die Handelshölle her, nur wie, wo und auf wessen Kosten? Mit Café oder ohne? Nach mehr als einjährigem Hin und Her hat sich der Gemeinderat nun mit knapper Mehrheit für einen Vertrag mit einer Toilettenkette über Bau und Betrieb ausgesprochen: am Parkplatz neben dem Sportartikler, mit Café, aber bisher ohne Strom-, Wasser- und Kanalanschluss. Für all das soll der Bürgermeister nun nur noch die Outlet-Eigentümer zur Kasse bitten. Der Klobesuch wird dann natürlich auch was kosten. Geheimtipp: Am Friedhof ist's gebührenfrei.

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