Mitten in Bayern:Von Plattling nach Paris

Die beiden Weltstädte mit P haben eine direkte Verbingung - zumindest in den lokalpolitischen Träumen. Deren Urspung ist allerings eher banal: Lokalrivalität

Kolumne von Johann Osel

Ein Schlager der Neuen Deutschen Welle gab mal den Reisetipp: "Mit einem Taxi nach Paris." Das war schon damals, Mitte der Achtziger, unvernünftig, weil es das Portemonnaie über jedes Maß belastete; heute kommt das persönliche Klimakonto dazu, das durch solche Autofahrten fast explodiert. Von Flugzeugen will man ja mittlerweile lieber gar nicht reden, also bleibt als Verkehrsmittel der Wahl nur die Bahn - zum Beispiel per Direktverbindung vom niederbayerischen Plattling aus. Die gibt es zwar nicht im Fahrplan, sehr wohl aber in lokalpolitischen Träumen. "Mit dem ICE von Plattling nach Paris?" So titelte nun der Plattlinger Anzeiger, anlässlich der Jahresabschlussfeier des Oberzentrums Deggendorf-Plattling. Dort kamen nämlich nicht nur Stadträte und wichtige Leute zusammen, sondern auch Ideen "zum Wohl der Heimat". So eben das Ziel, einen ICE von Plattling über München und Stuttgart bis nach Paris anzustreben. Sacrebleu!

Es wäre ja sinnvoll, die beiden Weltstädte mit P zu verknüpfen. Zu erwarten wären da auch Besucherströme in die Gegenrichtung, von der Seine an die Isar. Paris mag den Eiffelturm haben, Plattling hat den Läusestein, ein Denkmal für die Entlausungsstelle nach dem Ersten Weltkrieg. Paris mag das Moulin Rouge haben, Plattling hat die Bussi Bussi Alm mit Single-Party ("Alle Ladies Weinschorle gratis"). Paris mag sich auf seine Chansonnière Edith Piaf berufen, Plattling aber hat Nicki, das "bayerische Cowgirl".

Nun könnte man diese Liste heiter fortsetzen, doch steckt hinter den Parisfantasien wohl noch ein Grund: Lokalrivalität. In der Eisenbahnerstadt hält der ICE aus Wien Richtung Hamburg. Als es den Halt auf der neuen Schnellroute Wien-Berlin zu planen galt, kam aber zum Zug: Straubing. Auch wenn der Hauptstadtsprinter nur einmal täglich hält und sich Straubing erst in einer Testphase zu beweisen hat, war der Groll in Plattling groß: Man sei das wahre Drehkreuz der Region und werde "übergangen", in Straubing baue man "künstlich" einen Knotenpunkt auf. Die Straubinger dagegen tönten, ein ICE-Halt sei überfällig für eine "aufstrebende Universitätsstadt". Dann meldete auch noch die Bahn, "Straubing hat interessantes Potenzial", willkommen im Club der "schnellsten Klimaschützer". Da musste Plattling einfach gegenhalten - mit Paris.

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