Mitten in Bayern:Trinkpause auf der Leitplanke

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Gruppenreisen stecken voller Tücken - vor allem, wenn sich der Proviant in dem einen Fahrzeug befindet und die durstigen Trachtler in dem anderen reisen. Und wenn dann auch noch ein Stau kommt, sind wahre Logistikprofis gefragt.

Von Heiner Effern

Wenn das Paket mit dem neuen Buch, der ebenfalls erworbenen Fahrradtasche sowie den fünf Paar Socken am Tag nach der Bestellung vor der Haustüre liegt, scheint das heutzutage normal zu sein. Es ist aber, genauer betrachtet, ein kleines Wunder. Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Edward Grosvenor Plowman hat dieses Wunder, auch Logistik genannt, so definiert: die Lieferung des richtigen Gutes, in der richtigen Menge, im richtigen Zustand, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, für den richtigen Kunden und zu den richtigen Kosten.

Es ist nun nicht so, dass die Trachtengruppe aus dem Allgäu auf ihrer Fahrt ins ferne Salzburg alles falsch gemacht hätte. Sie hatte das richtige Gut (Bier), die richtige Menge (ausreichend), im richtigen Zustand (gekühlt, davon ist bei Trachtlern auszugehen) dabei. Die Faktoren richtige Zeit (jederzeit), richtiger Ort (in jedem Auto) und richtige Kunden (alle) wurden jedoch vernachlässigt: Die Truppe einigte sich wohl auf ein Proviantfahrzeug. Dieser Fehler rächte sich an einer Baustelle auf der A 8 bei Brunnthal, wo die Trachtler in einen Stau gerieten. Irgendwann sahen sich laut Polizeibericht vier dürstende junge Männer aus dem vordersten Auto gezwungen, Bier und Nahrung aus dem folgenden Proviantfahrzeug zu holen. Kein Problem im Stau, meint man. Nur dass sich dieser plötzlich auflöste und der Chauffeur des ersten Autos weiter musste. Dass im Proviantwagen kein Platz für vier Burschen war, ergibt sich schon aus der Definition des Fahrzeugs.

Doch Plattler, die im Ausland als bayerische Botschafter auftreten, kann so etwas nicht aus der Ruhe bringen. Sie setzten sich mit ihrer Verpflegung auf die Mittelleitplanke und warteten, bis das dritte Fahrzeug der Truppe kam. Ein kurzer Boxenstopp, vier flinke Zugänge und schon war das Malheur behoben. Blöd nur, dass einige logistisch nicht versierte Gscheitmeier die Trachtler verpfiffen. Die Polizei ermittelte die Burschen umgehend, diese zeigten sich aber reuig und durften ihre Reise fortsetzen. Für den womöglich auch anstehenden Besuch des Oktoberfests von hier noch ein logistischer Tipp, wohl auch im Sinne von Mr. Plowman: Für diese Fahrt könnte der Zug die richtige Option sein.

© SZ vom 22.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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