Mitten in Bayern:Tempus fugit, selbst bei der CSU

Die Zeit vergeht, im echten Leben wie in der Politik. Wie anders alles noch vor vier Jahren war, erschließt sich mit einem Blick auf die Tagungsorte der CSU-Landtagsfraktion

Kolumne von Wolfgang Wittl

Vier Jahre sind schon im normalen Leben eine lange Zeit, in der Politik sind sie eine Ewigkeit. Vor vier Jahren startete die deutsche Fußballauswahl als Weltmeister und schier unbezwingbarer Favorit ins Jahr der Europameisterschaft, seit deren Ende es mit der Unbezwingbarkeit jedoch nicht mehr ganz so weit her ist. Der Gesangspoet Bob Dylan ahnte nicht, dass er je den Literaturnobelpreis bekommen - geschweige denn ihn verzögert annehmen würde. Greta Thunberg war ein zwölfjähriges Mädchen, das die Familie mit der Idee überraschte, das Licht in den eigenen vier Wänden nicht mehr gar so lange brennen zu lassen.

In den Vereinigten Staaten Barack Obamas schwante vor vier Jahren erst allmählich manchen Menschen, die Präsidentschaftskandidatur von Donald Trump sei womöglich mehr als ein Marketing-Gag. Die SPD war weit entfernt, einen Mann namens Martin Schulz mit hundert Prozent zum Parteichef zu küren. Und die CSU-Landtagsfraktion traf sich zu ihrer Winterklausur Anfang 2016 wirklich noch in Wildbad Kreuth. Lang ist's her.

Weil die Kreuther Pachtkosten unerschwinglich wurden, fristete die CSU ihr Exil fortan in Kloster Banz, einem idyllischen Fleckchen Erde in Oberfranken. Einerseits. Verschneite Zwiebeltürme, die man gerne in Fernsehnachrichten herzeigt, sind dort andererseits selten anzutreffen. Auch für Bilder mit Alpenpanorama müsste man eine Postkarte hochhalten. Angela Merkel hat sich seitdem jedenfalls nicht mehr blicken lassen bei der Landtagsfraktion, was aber weniger an Banz lag, als vielmehr an Kreuth. Genauer gesagt an dem, was da geschah. Draußen fegte ein Schneesturm, trotzdem war es gemütlicher als drinnen, wo der Ministerpräsident und CSU-Chef, der damals Horst Seehofer hieß, im Flüchtlingsstreit mitsamt den Landtagsabgeordneten ungebremst auf die Kanzlerin prallte.

So war das, als die CSU-Fraktion zum letzten Mal in Oberbayern tagte. Im Januar findet sie jetzt wieder zurück ins gelobte Winterland. Nicht nach Kreuth, sondern ins Kloster Seeon. Hauptthema sind die Bauern, nicht Flüchtlinge. Möglich wird die Rückkehr nur durch eine unfreiwillige Schrumpfkur. Mit 85 Abgeordneten ist die Fraktion klein genug, um sich in Seeon auszubreiten. Vor vier Jahren waren es noch 16 Parlamentarier mehr.

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