Mitten in Bayern:Stapelweise Strabs-Briefe

Für viele Bürger waren in der Wahlkampfzeit die Freien Wähler die Partei, die sie von den Straßenausbaubeiträgen befreit hat. Allerdings keimt nun neue Unzufriedenheit

Glosse von Johann Osel

Irgendwie war ja der Landtagswahlkampf der Freien Wähler vor zwei Jahren, der mit fast zwölf Prozent und später einer Regierungsbeteiligung endete, ein "Strabs"-Wahlkampf. Strabs nicht Straps, es geht da nicht um Unzüchtigkeiten, sondern um die Straßenausbaubeitragssatzung. Ohne jetzt die thematische Bandbreite der FW schmälern zu wollen: Die vehement geforderte und im Wahljahr umgesetzte Abschaffung der Kommunalabgabe hatte wohl einigen Anteil an den zwölf Prozent. Wer einem Geld erspart, oft Zehntausende Euro, dem gibt man gerne seine Stimme. Der damalige Fraktionschef Hubert Aiwanger sprach vom "größten Befreiungsschlag" für Bayerns Bürger in dieser Legislaturperiode.

Nun ist die Satzung Vergangenheit, Ärger aber bleibt. Grundstückseigentümer, die bis drei Jahre vor der Reform Bescheide bezahlt und eine "unbillige Härte" erfahren haben, können Entschädigungen über einen Härtefallfonds erhalten. Etwa 15 000 Anträge sind da eingegangen. Die Teilerstattung aus dem 50 Millionen-Euro-Topf zieht sich allerdings; bei der Auszahlung gilt nicht das Windhundprinzip, sondern das Budget wird verteilt, wenn eine Komplettschau der Anträge vorliegt. Das ist ein Grund für Bürger, ungeduldig oder gar wütend zu werden, zu munkeln, dass "die Politiker" viel versprochen haben und womöglich die Wohltaten am Ende still und heimlich beerdigen könnten. Und wohin wenden sich die Leute mit ihrem Frust? Nein, häufig nicht an das zuständige Innenministerium - sondern an die Fraktion der Freien Wähler, die altbewährten Kämpfer in Sachen Strabs. Bei ihnen im Landtag stapeln sich inzwischen die Briefe von Bürgern in dieser Causa.

Fraktionsvize Joachim Hanisch ist es wichtig, den Leuten mitzuteilen: Sie bekommen ihr Geld im Falle der Berechtigung. Versprochen ist versprochen. Über die stockende Bearbeitung ist er aber "irritiert und zunehmend verärgert". So hat die Fraktion diese Woche den Chef der Härtefallkommission zum Gespräch eingeladen. Die Probleme: Personalmangel und Verzögerungen wegen der Pandemie, unvollständige oder unberechtigte Anträge, Fälle nicht zur "Strabs", sondern zur "Strebs", der Erschließungssatzung. Dafür habe man auch Verständnis, so Hanisch. Man werde sich jedoch für eine Beschleunigung einsetzen. Klar, wer sonst?

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