Mitten in Bayern:Schwitzen im Schweinestall

Die Kur ist aus der Mode gekommen. Im Bayerischen Wald stemmt man sich gegen den Trend - mit beeindruckender Konsequenz

Von Katja Auer

Die alljährliche Kur ist etwas aus der Mode gekommen über die Jahre, was daran liegen mag, dass es kaum noch Kaiser und Könige gibt, die man in den Kurbädern eventuell antreffen könnte. In Bad Kissingen zum Beispiel muss immer eine Menge los gewesen sein, als der Adel urlaubte. Heute geht es dort deutlich ruhiger zu. Verschlafen bisweilen. Nicht nur wegen der fehlenden Könige, vielleicht auch, weil die Krankenkassen nicht mehr so freizügig sind.

Und weil Kuren wohl einfach nicht mehr angesagt sind. Heute macht Wellness, wer die Gesundheit fördern und das Altern möglichst lang hinauszögern will. Im Bayerischen Wald zum Beispiel haben sich die Hoteliers mit beeindruckender Konsequenz auf den Trend eingestellt. Gab es früher ein paar Gästezimmer in der Dorfwirtschaft für die Sommerfrischler, stehen heute riesige Hotelburgen im bayerischen Hinterland. Statt Karpfenteichen gibt es Whirlpools und nicht nur ein Schweinestall ist zur malerischen Außensauna umgebaut worden.

Wer möchte, kann im Heubett schlafen, auch wenn ein solches Ansinnen manche der älteren Einheimischen verwundern dürfte, die sich noch mit Grausen an die pieksenden Strohbetten ihrer Kindheit erinnern. Aber das Heubett soll für irgendwas gut sein wie die Klangschalen-Massagen und Schlammpackungen, die Gesichtsmasken und die Aqua-Gymnastik. Wer mag, kann sich dazu in den entsprechend gerüsteten Häusern von Körnern und frisch gepressten Säften ernähren, verschiedene Salate vom Buffet kosten und Wellness-Gerichte wählen.

Es kann aber auch sein, dass der Gast zumindest beim Essen noch ganz genau merkt, wo er sich gerade befindet. Zum Frühstück gibt's dann Müsli und frisches Obst - und eine Wurstauswahl, die einer Metzgerstheke jede Ehre macht. Die Salatbar beim Mittagessen bietet eine bemerkenswerte Vielfalt, aber die Bratwürste mit Kraut und der Leberkäs' sind für den Appetit. Und nach einem fünfgängigen Dinner muss am Abend auch niemand hungrig vom Tisch aufstehen. Schließlich gibt es noch das Nachspeisenbuffet mit Topfenstrudel, Kaiserschmarrn und Schokobrunnen. Da geht dann auch niemandem ein König ab.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: