Süddeutsche Zeitung

Regensburg:Der Würstlstand ist tot, lang lebe der Würstlstand!

Das neue Jahr ist noch keine zwei Wochen alt und schon überschlagen sich die guten Nachrichten: Der Würstl-Toni in Regensburg könnte zurückkehren.

Kolumne von Andreas Glas

Neulich war ja wieder die Zeit, als das alte Jahr in Kategorien zerlegt wurde. Eine Inventur der Ereignisse, auch "Jahresrückblick" genannt. Das Jahr wurde in Gewinner und Verlierer zerlegt, aber keine Kategorie fasziniert so sehr wie das "Comeback des Jahres". Die Menschen lieben Wiederauferstehungsgeschichten, denn echte Helden sieht keiner gern im Ruhestand. Die Kategorie ist sogar so beliebt, dass es auch 2017 gleich mehrere Comebacks des Jahres gab.

Für das Frauenfachblatt Jolie war es die Jeans-Short, die Bild feierte die Trainer-Rückkehr von Jupp Heynckes als Comeback des Jahres und die Stuttgarter Zeitung die Rückkehr der Riesenschildkröte auf die Galapagos-Inseln. Dass die Mittelbayerische Zeitung nun bereits über das "Comeback des Jahres" 2018 spekuliert, klingt erst mal reichlich kühn. Ist es aber nicht. Es wäre eine echte Sensation: die Rückkehr des Würstl-Toni!

Erst vor ein paar Tagen hat diese Kolumne das Sterben traditionsreicher Würstlstände im Freistaat thematisch, äh, verwurstet. Der traurige Anlass: Zum Jahresende hatte die Würstl-Susi ihren 70 Jahre alten Stand in der Landshuter Altstadt dichtgemacht. Exakt ein Jahr nachdem in Regensburg der Würstl-Toni aufgegeben hatte, dessen Tradition sogar 105 Jahre zurückreichte.

Die Begründung war in beiden Fällen dieselbe. Das Würstl-Geschäft rechne sich nicht mehr. Und so schwarzmalte der Kolumnist an dieser Stelle: "Vielleicht neigt sich die Ära der Würstlstände generell dem Ende zu." Ein Würstl-Toni-Comeback hätte daher eine Botschaft, die weit über die Knacker-Stadt Regensburg hinausreichen würde: Es gibt noch Hoffnung!

Bislang hat die Stadt nicht entschieden, wer den Zuschlag für die Würstl-Toni-Nachfolge am Kornmarkt in Regensburg bekommt. Es gibt offenbar mehrere Interessenten - darunter Anton "Toni" Erl selbst. "Mittlerweile sind wir so weit, dass wir es auch wieder selbst machen würden, rein aus Traditionsgründen", verriet er der Mittelbayerischen Zeitung.

Erfreuliches berichtet fast gleichzeitig auch das Landshuter Wochenblatt. Ein benachbarter Altstadt-Würstlbrater hat den Weißwursttopf der Würstl-Susi übernommen. "Eine gute Nachricht", schreibt das Blatt. Der Würstlstand ist tot, lang lebe der Würstlstand!

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Quelle:
SZ vom 11.01.2018
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