Mitten in Bayern:Priesterliche Urlaubspläne

In Steinzell warten sie heuer vergebens auf Roberto Gonzalez aus Arizona, USA. Und der Pfarrer? Er vermisst Haxen und Knödel

Kolumne von Johann Osel

Fährt der Pfarrer in den Urlaub - mit diesen Worten beginnen allerlei Witze, liebliche Anekdoten wie derbe Zoten. Als ein Pfarrer zum Beispiel in einer entlegenen Ecke der Erde auf Kannibalen trifft: Ihm gelingt es zwar, sie zu bekehren, das hat aber zur Folge, dass die Männer ein Dankesgebet für die Gaben gen Himmel richten, bevor sie ihn auf den Grill packen. Eine andere Schnurre handelt vom Pfarrer, der sich im Urlaub in eine Nudistenkolonie verirrt. Auch da wird die geistliche Aufgabe ernst genommen und eine Messe abgehalten - mit der Rätselfrage, wo die Teilnehmer das Geld für die Kollekte versteckt haben. Nicht ausgeschlossen ist es natürlich, dass Pfarrer ganz normale Destinationen im Sommer ansteuern. Die Erholung sei ihnen gegönnt, weil so ein Priesterjob und das Zusammenhalten der Schäfchen übers Jahr in höllischen Stress ausarten können.

Doch diesen Sommer - wie sollte es in Corona-Zeiten anders sein - ist auch bei den priesterlichen Urlaubsplänen vieles anders. Vertretungen in den Augustwochen stammen nicht selten aus dem Ausland, aus Südamerika, Asien oder Afrika. Die Gläubigen im Pfarrverband Steinzell in Niederbayern zum Beispiel haben sich daran gewöhnt, dass der Priester Roberto Gonzalez aus Arizona, USA, stets im Sommer mit ihnen Gottesdienst feiert. Corona macht das nun unmöglich. Darüber berichtete jüngst der Bayerische Rundfunk sowie darüber, dass Mister Gonzales Haxen und Knödel vermisst. Pfarrverbände der Region wollen nun wechselseitig aushelfen. Andernorts in Bayern packen Ruhestandspfarrer an oder inländische Vertreter, die auch sonst bei Absenzen einspringen. Jedoch sind teils Gottesdienste und Seelsorge im August etwas reduziert.

Die Corona-Lage betreffe keineswegs nur das Personal aus Übersee, heißt es beim Erzbistum München und Freising auf Anfrage. "Bei uns macht in diesem Sommer wirklich kein Priester Urlaubsvertretung, der nicht aus der Erzdiözese stammt." 2019 gab es noch 94 Anweisungen zur Aushilfe durch auswärtige Priester. Das pastorale Leben werde dennoch "gut aufrechterhalten" - vielerorts hört man von starker innerkirchlicher Solidarität. Durchaus verzichtet mancher Pfarrer auch auf Urlaub oder verkürzt ihn. Zumindest Abenteuern wie aus der Welt der Witze wäre damit ja Einhalt geboten.

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