Mitten in Bayern:Polyglott mit Dialekten

Der Tag der Muttersprache wird vielerorts nicht angemessen begangen, dabei geht es den Sprachen fast so schlecht wie dem Klima. Sie schmelzen dahin wie Gletscher in der Sonne

Kolumne von Hans Kratzer

An diesem Freitag wird der Tag der Muttersprache begangen, der in der breiten Öffentlichkeit aber nur rudimentäre Gefühlsregungen hervorruft. Dabei geht es den Sprachen fast so schlecht wie dem Klima, sie schmelzen dahin wie ein Gletscher in der Sommerhitze. Die Hälfte der weltweit gängigen 6700 Sprachen sei vom Aus bedroht, klagt die Weltbildungsorganisation Unesco, die mit dem Tag der Muttersprache die Vielfalt der Sprachen stärken will.

Die erwünschte Buntheit des Sprechens ist zumindest in Bayern noch gegeben. Nach wie vor sind Hunderte Dialektvarianten zu hören. Aber manchmal hilft selbst dieser Hang zum Polyglotten nicht mehr weiter, was jener Witz über einen vorlauten Berliner zum Ausdruck bringt, der am Hauptbahnhof zwei Münchner Dimpfl nach dem Weg zum Hofbräuhaus fragt. Sie hören ihm geduldig zu, brummen aber nur unverständliches Zeug, weshalb er seine Frage in verschiedenen Sprachen wiederholt. Als er entnervt weiterzieht, sagt der eine Münchner: "Bläd war der ned, und wiavui Sprachen der ko!" Der andere entgegnet: "Und, hat's eahm was gholfen?"

Es ist kein Schaden, im Alltag ein bisserl dialektfest zu sein, und es vermeidet überdies Missverständnisse, wie sie Ex-Fußballer Mehmet Scholl auf dem Trainingsplatz des FC Bayern erlebt hat. Scholl erzählte einmal im Bayrischen Fernsehen, der damalige Co-Trainer habe im Training einen neuen Spieler vorgestellt, "das ist der Horst Mohamed." Seltsam sei nur gewesen, sagte Scholl, dass der Neue auf die üblichen Kommandos nicht reagierte: "Horst, komm nach hinten", "Horst, spiel zurück!". Er fühlte sich nicht angesprochen, bis sich herausstellte, dass der Neue dem Co-Trainer in der Früh im Büro auf Bairisch vorgestellt worden war: "Du, des is a neuer Testspieler, der hoast Mohamed."

Leider kann auch der Tag der Muttersprache die oft verwirrende Sprachsituation in einem sowieso schon verwirrten Land nicht heilen. Das verdeutlicht Herr Özlem K., der schon vor Jahren auf Facebook folgendes beklagt hat: "Du weast ois Auslända ned schlau aus deara CSU. Zerscht woitns eahna Leitkultur. Guad. Lean i hoid boarisch. Und etz woins, dass i mei Boarisch wieda vagess und Deitsch lean. Ko i glei wieda hoamfahrn."

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