Mitten in Bayern:Mit Blick auf nichts

Ruhig ist es dort am Rangesberg im Coburger Land. Und eine Schautafel erklärt dem Interessierten, was er hätte sehen können, wäre diese Sozialpädagogin nicht gewesen

Glosse von Olaf Przybilla

Es ist eine Zeit der inneren Einkehr und Kontemplation, eine Zeit der weiten Wanderungen und tiefen Gedanken. Und eine Zeit, in der dem Menschen klar wird: Wer jetzt keinen Flugplatz hat, der baut sich keinen mehr.

Eine Warnung sei hier ausgesprochen: Es gibt keine langen Alleen am Rangesberg zwischen Meeder und Naida, entlang derer man unruhig hin und her wandern könnte. Die Blätter treiben dort auch nicht dieser Tage, aber wer wachen, lesen, lange Briefe schreiben (oder alternativ ein paar Rilke-Gedichte lesen) mag, und allfällige Winterkleidung parat hat, der ist im Coburger Land sehr gut aufgehoben jetzt. Auf den Fluren lass die Winde los? Das kann man dort erleben, oh ja.

Es ist ein guter Ort, der Platz am Rangesberg. Der Wanderer kann dort Rast machen, er kann den Blick in die Weite schweifen lassen, auf freies Feld, und sich auf einer Schautafel über die Geschichte einer Nichtwerdung informieren lassen. Wäre es nach den großen Industrielenkern von Coburg gegangen - und es gibt dort sehr große, oh doch -, so würde man an dieser Stelle nicht auf eine Schautafel, sondern eher einen Maschendrahtzaun blicken. Und dahinter ein Rollfeld. Aus dem aber wird nichts mehr.

Es wurde viel gelächelt im Coburger Land über die Sozialpädagogin Dagmar Escher und ihre widerborstigen Mitstreiter. Eine Sozialpädagogin? Was weiß die denn über Flugverkehr? Wie kann so eine überhaupt behaupten, dass man den alten Flugplatz von Coburg einfach ein bisschen in Schuss bringen müsste und sich dadurch ein sündteures Renommierprojekt der Region - ach was: das Renommierprojekt - schlicht sparen könnte? Was bitte treibt diese Querulantin an?

Punkt eins auf der Schautafel. "2005: Über die Zeitungen erfahren die Bürger von der Planung eines Flugplatzes in Meeder." Letzter Punkt auf der Schautafel: "Am 12. November 2019 stellt das Luftamt das Planfeststellungsverfahren ein."

Kurz davor - nach 14 Jahre langem Kampf - hatte das Luftamt der Sozialpädagogin recht gegeben. Selbstverständlich kann man den alten Flugplatz in Schuss bringen. Warum denn auch nicht?

Ein Ort ist das für Reflexionen über das selbstgefällige Spezialistentum. Über alte weiße Rechthaber. Und den Esprit fröhlicher Dilettanten. Herr, es ist Zeit.

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