Mitten in Bayern:Memmingen und der Rest der Welt

Paris, Florenz, Kopenhagen, alles wunderbare Reiseziele, weiß man ja. Auf Platz eins allerdings hat ein Reisemagazin jetzt eine Stadt gewählt, die den Tourismusmanagern der großen Metropolen möglicherweise nicht einmal bekannt ist

Kolumne von Florian Fuchs

Das Pariserhaus in Memmingen, im Jahr 1736 errichtet, war das erste Barockhaus der Stadt. Rosa Fassade, kantiger Bau, ein Hingucker, keine Frage. Heute sind dort die Werke des Memminger Malers Max Unold ausgestellt. Und auch wenn der Begriff "Pariserhaus" auf den Namen des damaligen Eigentümers zurückgeht, kann die Metropole an der Seine stolz sein, in einem Atemzug mit Memmingen genannt zu werden. So viel ist mal klar, seit das Reisemagazin Condé Nast Traveller vergangene Woche im Internet die besten elf Städtereisen der Welt aufgelistet hat. Auf Platz zehn der Rangliste: Paris. Platz eins: Memmingen.

Da schlackern jetzt erst einmal die Münchner mit den Ohren, es muss das erste Städteranking seit der Jahrtausendwende sein, in dem die bayerische Landeshauptstadt nicht unter den ersten drei gelistet, ja nicht einmal erwähnt wird. Aber die Tourismusmanager in Florenz, Barcelona, Kopenhagen, Shanghai, Stockholm und Tanger werden nicht minder verwundert das Notebook anschmeißen und die digitale Landkarte bemühen: Memmingen, Germany? Jaja, Memmingen, schreibt die Autorin, eine Mittelalterstadt wie aus dem Bilderbuch, bunte Häuser, schnuckelige Cafés, eindrucksvolle Stadttore und -türme. Ein Flughafen in der Nähe und Schloss Neuschwanstein - das kennen sie ja in Barcelona, Stockholm und Shanghai - ist auch gleich um die Ecke.

Ein bisschen hingemogelt, das gibt die Autorin in ihrem Reisetipp selbst zu, ist das alles aber natürlich schon: Sie ist in Memmingen aufgewachsen, hat dort ihre Kindheit verbracht, und auch wenn sie dann in die weite Welt hinauszog, trägt sie ihre alte Heimat immer noch im Herzen. Die Tourismuswirtschaft in Florenz und Kopenhagen kann sich also wieder beruhigen, die Übernachtungszahlen werden sich nicht drastisch ins Unterallgäu verlagern. Aber ein bisschen neidisch werden sie in den Metropolen wohl schon werden, wenn sie auf ihren Notebooks sehen, wie lohnend auch eine kleine Stadt für Touristen sein kann. Denn da hat die Autorin des Reisemagazins ja Recht. Und vielleicht überlegt sich Paris nun endlich einmal, ein Memminger Haus einzurichten. Neun Plätze Unterschied fordern schließlich Tribut.

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