Mitten in Bayern:Kulturtransfer hin und her

Menschen, die keine Vorerfahrung mit Franken haben, rechnen wohl mit allem, oder nichts? Das konnte Kawa Suliman kürzlich lernen

Von Olaf Przybilla

Es ist jetzt wieder etwas ruhiger geworden um Kawa Suliman, und man merkt ihm an, dass er das nicht über die Maßen bedauert. Suliman ist ein ausnehmend höflicher Mensch, er würde wohl nie sagen, dass ihm das Ganze im Dezember doch eher merkwürdig vorkam: dieser Hype um ihn und seine syrischen Freunde. Und das alles nur, weil sie etwas getan hatten, was man eben so tut, wenn Menschen an der Tür stehen und um Hilfe bitten. Man hilft, Punkt. Die beiden an der Tür hatten Hunger, großen Hunger, also kochten Suliman und die Seinen was Schönes.

Gut, das Ehepaar an der Tür stammte aus Karlsruhe, war unterwegs auf einer Mehrtagestour durch Oberfranken und hatte ein Schild an der Hauswand überinterpretiert. Die beiden dachten, sie würden in einen Landgasthof eintreten, fragten nach der Speisekarte und wurden selbst da noch nicht skeptisch, als diese mündlich dargereicht wurde. Erst als es nach dem Mahl - Brot, syrische Art, Marmelade, ebenfalls syrische Art, und Eier aus Franken - ums Bezahlen ging, und der, nun ja, Wirt insistierte, dass das alles nichts kostet, kamen sie auf den Trichter, dass sie in einem Heim für Asylbewerber ein Essen bestellt hatten.

Die Universität Bamberg hat den Syrern aus dem Ort Zapfendorf inzwischen einen Sprachkurs spendiert. Außerdem soll ihnen gezeigt werden, was deutsche Kultur ausmacht, Besuche in der Stadtbücherei inbegriffen. Das alles ist schön und erfreulich, auch wenn das Beispiel nahelegt, dass der kulturelle Transfer womöglich in die andere Richtung nicht weniger notwendig wäre. Aber egal.

Offen bleibt dagegen, welche Uni sich künftig um Grundlagen-Kurse für Touristen beim Erstaufenthalt in Franken kümmert. Die Karlsruher hatten aufgrund ihrer Tourerfahrung offenbar den Eindruck: Wenn Menschen schwer verständliches Deutsch sprechen, sie in einem Innenraum mit Adenauer-Ästhetik unterwegs sind, es keine Speisekarte gibt und dem dargebotenen Mahl etwas Vorläufiges anhaftet - dann muss das ein fränkischer Landgasthof sein. Hm.

Jetzt werden sich Lästerer finden, die das für sehr nachvollziehbar halten. Für die müsste die Uni dann besonders überzeugende und nette Kursleiter suchen. Vielleicht hätte Kawa Suliman ja Lust.

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