Mitten in Bayern:Kicken in Teilzeit

Die Fußball-Bundesliga ist entschieden. Richtig spannend war das Ganze nicht. Beim SV Hintereben II ist das Ergebnis dagegen außergewöhnlich

Kolumne von Johann Osel

Nicht das Geschäftsmodell Bundesliga, sondern der Amateurfußball produziert ja meist die schönsten Geschichten - Kuriositäten, wie sie sich auf dem Rasen von Kleinstädten und Dörfern an Wochenenden zutragen. Freilaufende Hunde und fiese Krähen greifen da spielentscheidend ein, im Alpenvorland ist zuweilen mit unberechenbaren Kühen an der Seitenlinie zu rechnen. Ebenfalls spannend ist, dass Nicht-Profis den Fußball in ihren Alltag integrieren müssen. Ein Spieler vom FC Straubing verließ vor zwei Jahren das Feld, wie im Ticker des Portals "fupa.net" zu lesen war, und kam zur 81. Minute wieder - er hatte eine Wohnungsbesichtigung. Kollisionen mit dem Privatleben sind üblich, wenn Volksfest ist; und Spieler oder Spielfähige am Morgen danach rar sind. Schwafheim II im Rheinland musste mal mit acht Mann antreten, am 11.11., Karnevalsauftakt. Nach 25 Gegentoren brach der Schiedsrichter das Spiel ab. Nicht aus Mitleid, wie manche munkelten, sondern weil man nach einer Verletzung regelwidrig zu siebt war.

Der SV Hintereben II, Landkreis Freyung-Grafenau, hat in der A-Klasse nun die Saison beendet: mit minus zwei Punkten in der Tabelle. Ein Mal spielten sie Remis, ansonsten ging alles verloren. Bei einem Spiel lief ein nicht zugelassener Kicker auf. Daher zog der Bayerische Fußball-Verband (BFV) drei Punkte als Strafe ab. Hinterebens Abteilungsleiter ist trotzdem stolz auf die Truppe, der Bayerische Rundfunk zitiert ihn: "Wir haben fast immer elf Mann zusammengebracht. Und die sind bei jedem Spiel voll dabei." Das klingt ein bisschen nach "Dabei-sein-ist-alles", wie bei unsportlichen Kindern, die Lob für Teilnehmerurkunden beim Sportfest erhalten. Tatsächlich ist es beachtlich, dass so kleine Orte zwei Teams aufbieten. Vielerorts, hört man Kreisliga abwärts, gebe es schon Probleme, eine erste zu stellen. Oder Nachwuchssorgen.

Zeit spiele eine große Rolle und "eine veränderte Berufslandschaft kann diese Zeit knapp werden lassen", hieß es mal beim BFV-Verbandstag. Auf dem Land zögen zudem schlicht viele weg. Allerdings: Etliche Vereine in Städten und Speckgürteln melden einen "Ansturm" und klagen über Trainermangel. Oft kämpfen Eltern geradezu, ihre Kinder noch in der sechsten Mannschaft einer F-Jugend zu platzieren. Dabei sein ist da tatsächlich alles!

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