Süddeutsche Zeitung

Mitten in Bayern:Kandidat aus dem Königreich

Der Hauptmann der Waakirchner Gebirgsschützen will Landrat von Miesbach werden - und klagt derweil gegen das Landratsamt

Kolumne von Matthias Köpf

Auch ein bekennender Patriot kann seine Loyalität mal ein bisschen breiter streuen. So hat der Hauptmann der Waakirchner Gebirgsschützen, Martin Beilhack, schon dem Bundespräsidenten seine Aufwartung gemacht - in voller Montur, und gründlich überprüft worden sei er vorher auch. Bei der Bundeswehr sei er gewesen, dazu zeitweise Beamter bei der Münchner Berufsfeuerwehr, Gemeinderat der Freien Wähler in Warngau und Kreisrat in Miesbach, alles mit Amtseid. Nur mit seiner Staatsbürgerschaft im Königreich Bayern sei er "ein bisschen in den Schmarrn hineingekommen", sagt Beilhack. Längst versucht er, sich aus dem Schmarrn wieder heraus zu prozessieren. Er klagt da nicht gegen das Königreich, sondern gegen den Freistaat Bayern in Gestalt des Miesbacher Landratsamts. Nun will er auch dessen Chef werden: Der vermeintliche Königreichsbürger tritt als Landratskandidat an.

"Wenn ich Landrat werde, dann habe ich sowieso nicht mehr Zeit, dass ich auf die Jagd gehe", sagt Beilhack. Dass das so kommt, glaubt er selber nicht, denn er ist zwar jetzt bei der Bayernpartei, aber noch Realist. Mit dem Jagen wird es wohl trotzdem nichts, denn 2017 rückten auf seinem Bauernhof etliche Polizisten an und nahmen Schusswaffen im Dutzend mit, das Landratsamt kassierte Waffen- und Jagdschein. Beilhack hatte einige Zeit zuvor als Land seiner Geburt und seines Aufenthalts eben "Königreich Bayern" eingetragen, und zwar in einen Antrag auf einen Staatsangehörigkeitsausweis nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913. Und 1913 hätte das sogar gestimmt, nur gilt dieser "gelbe Schein" längst den sogenannten Reichsbürgern als Ausweis ihrer vermeintlich wahren Identität - und den Behörden gilt wiederum so ein Antrag als starkes Indiz, dass der Betreffende ein solcher Reichsbürger ist, dem man besser beizeiten die Waffen abnimmt. Beilhack will nur auf den Rat "von einem Spezi" gehört und von all dem Reichsbürgergewirr nichts gewusst haben, doch das Verwaltungsgericht, vor dem er sich Waffen, Scheine und seinen guten Ruf wieder erklagen will, ließ viel Verständnis für das amtliche Vorgehen erkennen. Aber egal wie Prozess und Wahl am Ende ausgehen: Hauptmann der Gebirgsschützen kann Beilhack bleiben. Als Kommandant braucht er nur einen Säbel.

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Quelle:
SZ vom 16.09.2019
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