Mitten in Bayern :In Bayern gehen die Lichter aus

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Im Internet wird ja viel geunkt, dass es bald finster würde im Freistaat und in der Welt, wegen eines Veggie-Days, der Flüchtlinge oder des Gendersternchens. Nun gehen in Bayern tatsächlich die Lichter aus - und das ist eine ganz gute Nachricht

Glosse von Maximilian Gerl

Wer dem Internet und den vermeintlich sozialen Medien traut, weiß: Bayern stehen finstere Zeiten bevor. Und das übrigens seit Jahren, ausweislich der Kommentarspalten auf Facebook. Dort ist die Erregungsspirale, warum hierzulande bald die Lichter ausgehen, oft kurz. Die Auslöser sind dafür umso vielfältiger. Mal wird gegen Kantinen gewütet, die freitags kein Fleisch anbieten; mal sind Gendersternchen an allem Schuld, mal Flüchtlinge, mal Autofahrer, mal Radler und fast immer "die Politik". Die Apokalypse, sie ist stets nur einen Mausklick entfernt.

Jetzt aber - Überraschung! - gehen in Bayern tatsächlich die Lichter aus. Zwar nicht für lange und nicht überall, aber ein Anfang ist gemacht. Der Auslöser heißt "Earth Night", findet von Dienstag auf Mittwoch statt und stammt von einem Bündnis mit Sitz im Raum Rosenheim: Demnach schade die vielerorts exzessive Nachtbeleuchtung und damit einhergehende Energieverschwendung gleichermaßen Wildtieren und Klima. Kommunen sollen deshalb für eine Nacht ihre Straßen- und Gebäudebeleuchtung reduzieren und so ein Zeichen gegen Lichtverschmutzung setzen. Ausweislich der Projekt-Website machen vor allem in Bayern Städte und Gemeinden mit. In Regensburg etwa sollen laut Rathaus unter anderem das Jahnstadion, der Dom und die Steinerne Brücke von 22 Uhr an "im Dunkel versinken". Auch in Ingolstadt, Augsburg, Fürth, Würzburg, Roding und einigen anderen Orten soll es zumindest ein bisschen dunkler sein als sonst. Wortspielfreunde freuen sich zudem besonders über die Teilnahme der mittelfränkischen Stadt Scheinfeld.

Ginge es nach den "Earth Night"-Aktivisten, dürften in Bayern gerne häufiger die Lichter ausgehen. Die Reaktionen auf die bevorstehende Finsternis - auch das ist eine Überraschung - fallen auf Facebook bislang eher wohlwollend aus. Insofern wäre es eine Überlegung wert, in Anlehnung an die "Earth Night" eine "Social Night" auszurufen. Für einen Abend bleibt das Smartphone aus. Keine sozialen Medien, keine Erregungsspiralen, keine Kommentare, dafür einmal durchschnaufen vom Wahnsinn im Netz. Eine Ersatzbeschäftigung fände sich bestimmt, wenn nicht, geht's halt früher zu Bett. Auch dann sind die Lichter aus.

© SZ vom 07.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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