Mitten in Bayern :Immer schön am Boden bleiben

Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler, gilt als bodenständig. Vielleicht deswegen, weil er sich den Wählern besonders zugeneigt fühlt, die Grund und Boden besitzen. Da kommen gelegentlich Forderungen heraus, die sind geradezu bodenlos

Kolumne von Lisa Schnell

Die CSU habe die Bodenhaftung verloren, das sagt Hubert Aiwanger sehr gerne. Von ihm selbst kann das keiner behaupten. Aiwanger haftet am Boden wie kein anderer. Sicher, von Zeit zu Zeit entfernt sich auch der Chef der Freien Wähler ein paar Zentimeter vom Erdreich und scheint, beflügelt von Ministerträumen, zu schweben. Und auch mit der Haftung an den eigenen Positionen nimmt er es nicht so genau, etwa wenn er in einem Moment eine sachliche Debatte in der Flüchtlingspolitik fordert und im zweiten Verständnis für das Wort "Asyltourismus" aufbringt. Aber auch das hat mit Boden zu tun oder zumindest mit dem Bodensatz, ein Wort, das der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann benutzte, um Wähler zu beschreiben, die gerne von Blut und Boden sprechen.

Soweit wiederum geht Aiwanger natürlich nicht, dem Boden aber fühlt er sich sehr verbunden, oder besser, den Wählern, die Boden besitzen. Seine Liebe zu ihnen entdeckte er zu der Zeit, als er keine zwei Sätze sprechen konnte ohne mindestens einmal "Strabs" zu sagen. Straßenausbaubeitragssatzung, das Wort konnte am Schluss von Aiwangers Dauernennung fast jeder Abgeordnete im Parlament ohne Verhaspeln aussprechen. Der weit größere Erfolg für Aiwanger war es, dass die CSU die Strabs abschaffte. Hausbesitzer müssen nicht mehr zahlen, wenn ihre Straße erneuert wird, das übernimmt der Staat. Und weil es sich mit Bodenbesitzern offenbar gut Boden gewinnen lässt in der Landtagswahl, macht Aiwanger gleich weiter. In München sollen in einigen Gebieten die Bodenpreise eingefroren werden, um Spekulationen zu vermeiden. Das ist im Sinne der bayerischen Verfassung und der Mieter. Es könnte auch im Sinne von Aiwanger sein, schließlich will er seit neuestem die Städte für sich gewinnen. Aiwanger aber beweist Bodenhaftung. Er unterstützt weiter die, die eh schon haben und entwickelt sich zum Schutzpatron der Grundbesitzer und Wohlhabenden. Schließlich ist er auch für die Abschaffung der Erbschaftssteuer. Unter Aiwanger also bekäme der Staat weniger Geld und müsste mehr zahlen. Trotz seiner Bodenhaftung mag der ein oder andere eine solche Haushaltspolitik als wenig bodenständig beschreiben, vielleicht sogar als: bodenlos.

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