Mitten in Bayern:Großer Trubel im kleinen Kirchham

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So ein Kreisverkehr ist eine feine Sache. Alles fährt in geordneten Bahnen, ohne von Ampeln unnötig ausgebremst zu werden. Und doch läuft beim neuen Kreisel in Kirchham nicht alles rund

Kolumne von Andreas Glas

Das kleine Kirchham hat ja einen großen Namen bei paarungsfreudigen Menschen fortgeschrittenen Alters. Das kleine Kirchham hat nur 2000 Einwohner, aber allein im Ortsteil Ed treiben sich an einem einzigen Abend mehr einsame Herzen rum, als Casanova in seinem ganzen Leben gebrochen hat. Die Rede ist, mal wieder, vom Haslinger Hof, logisch. Der Haslinger Hof ist 365 Tage im Jahr geöffnet. Ein gigantischer Wallfahrtsort für Paartänzer jenseits der Rentenschwelle - und die wahrscheinlich größte Ü-50-Singlebörse der Republik. Im Haslinger Hof ist alles überdimensional groß: die Tanzflächen, die Besucherzahlen, die Sehnsucht der einsamen Herzen. Das Wort "klein" ist im kleinen Kirchham praktisch ein Fremdwort gewesen. Bis jetzt.

Es geht um den frisch eröffneten Kreisverkehr. Nicht in Ed, sondern im Ortsteil Tutting. Und es geht darum, dass ein Kreisel nicht automatisch eine runde Sache ist. Der Kreisel ist zu klein, granteln einige Firmenchefs. Schmarrn, sagt die Autobahndirektion, alles "völlig regelkonform". Nicht der Kreisel sei zu klein, sondern umgekehrt: Die Lastwagen der Grantler sind zu groß. Verständnis hat die Autobahndirektion dennoch für den Grant der niederbayerischen Firmenchefs. Sie will jetzt prüfen, ob man den Kreisel am künftigen Autobahnanschluss der A 94 umbauen kann. Zahlen müssten das dann aber die grantelnden Firmenchefs, sagt der Baudirektor. Schließlich hänge "jetzt nicht die gesamte ostbayerische Wirtschaft" am Kirchhamer Kreisel.

Da hat er wohl recht, der Herr Direktor. Bleibt nur noch die Frage, welche Konsequenzen die Kirchhamer Kreisel-Katastrophe für den gesamten ostbayerischen Singlebörsen-Markt hat - oder zumindest für diejenigen, die aus Richtung Tutting zum Haslinger Hof rausfahren. Die Autobahndirektion gibt Entwarnung: Das Kirchhamer Kreisel-Problem sei definitiv "nichts, was den normalen Verkehrsteilnehmer betrifft". Und wer fährt schon mit dem Schwertransporter zum Aufreißen?

Den einsamen Herzen kann es also herzlich egal sein, wie groß der Kreisel ist. Sie können sich beruhigt aufs Wesentliche konzentrieren: die Suche nach der großen Liebe im kleinen Kirchham.

© SZ vom 24.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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