Mitten in Bayern:Geschenk aus Fernost

Was haben das von Friedrich Dürrenmatt erdachte Güllen und das oberfränkische Hohenberg gemeinsam? Eine reiche Dame, die dem Ort ein großzügiges Geschenk macht. Dieses ist in Oberfranken aber, anders als im Bühnenstück, nicht an unmoralische Bedingungen geknüpft.

Von Katja Auer

Hohenberg ist nicht Güllen, schon deswegen, weil es Hohenberg an der Eger wirklich gibt. Und ganz so verarmt wie die von Friedrich Dürrenmatt erdachte Kleinstadt in der Schweiz ist Hohenberg auch nicht, obwohl man dort im östlichen Oberfranken, direkt an der tschechischen Grenze, schon bessere Zeiten erlebt hat. Damals, als Porzellan- und Textilindustrie noch florierten.

Die Firma Feiler gibt es immer noch, seit bald 100 Jahren fertigt das Unternehmen Handtücher und allerhand Flauschiges aus Frottier und Chenille. Letzteres ist ein besonders weiches Plüschgewebe aus Baumwolle, das besonders in Japan sehr beliebt ist. Tatsächlich ist Feiler dort ein Markenname wie anderswo Gucci und so soll kaum eine Japanerin auf die Straße gehen ohne ein Feiler-Tüchlein in der Handtasche, mit dem sie sich im Fall des Falles ein Schweißtröpfchen von der Stirn tupfen könnte. Der Export nach Fernost hat die Firma aus der Krise geholt, die andere die Existenz kosteten.

Auf die Idee, ihren Landsleuten die oberfränkischen Textilien anzubieten, ist die Unternehmerin Kazuko Yamakawa gekommen, als sie irgendwann in den Sechzigerjahren ein solches Tüchlein in die Finger bekam. Sie verdiente eine Menge Geld damit und wenn sie im nächsten Sommer mal wieder vorbeikommt in Hohenberg, dann wird sie herzlich empfangen werden. Ob nun gleich der Kinderchor singt und der Bürgermeister eine Rede hält, wie es in Güllen war beim Besuch der alten Dame, sei dahingestellt, aber ein bisschen erinnert die Geschichte in Hohenberg eben doch an Dürrenmatts Bühnenstück. Denn Kazuko Yamakawa kommt als Wohltäterin zurück nach Oberfranken. Aus Dankbarkeit für jahrelange gute Geschäfte hat sie dem Städtchen ein Seniorenheim geschenkt, das wird wohl um die 3,5 Millionen Euro kosten. Claire Zachanassian, Dürrenmatts alte Dame, wollte Güllen gar eine Milliarde vermachen. Allerdings zu dem unmoralischen Preis, dass die Bewohner ihren ehemaligen Liebhaber umbringen müssten. Und tatsächlich ist der Mann am Ende tot. Da enden sie dann auch schon, die Parallelen von Güllen und Hohenberg. Denn in Oberfranken will die Dame aus Japan etwas zurückgeben, sagte sie. Ein gutes Werk tun. Weil sie es kann. Einfach so.

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