Mitten in Bayern:FDP, fixe drei Prozent

Eine Verbal-Attacke vom politischen Gegner kann durchaus positiv sein - wie im Fall Söder gegen die Liberalen. Denn so viel mediale Aufmerksamkeit bekommen sie in Bayern nur selten. Doch: Genutzt hat das offfenbar auch nichts

Kommentar von Johann Osel

Es ist eher unüblich, dass man sich über eine derbe Standpauke freut. Aber bei der FDP war genau das der Fall, im Oktober. Da tagte der CSU-Vorstand und danach fielen Markus Söder und Generalsekretär Markus Blume über die Liberalen her: Blume sprach der FDP die "demokratische Vernunft" ab: "Freie Radikale" statt "freie Demokraten". Söder rügte ein "Abdriften", einen "Kurs gemeinsam mit der AfD". Gestoßen hatten sich die beiden an Äußerungen und Vorschlägen der FDP in der Pandemie: Maßnahmen mit Umsicht oder für ein Warnsystem, das nicht nur Inzidenzen nennt, sondern auch Faktoren wie Klinikbetten. Öffentlich empörten sich FDP-Vertreter sehr über die Schelte, intern war zu hören: "Tausend Dank, Herr Söder, für die Bühne" - nie im Leben hätten es die FDP-Ideen sonst so wuchtig in die Medien geschafft. Da man ja bei Corona die einzige konstruktiv-kritische Kraft im Landtag sei (die Freien Wähler ließen sich ständig "unterbuttern" von der CSU und die AfD stehe eh außerhalb des Systems), werde es aufwärts gehen. So die Hoffnung.

Doch jetzt der BR-"Bayerntrend": drei Prozent für die FDP im Freistaat. Als die Partei im Bund 2011 mal bei zwei Prozent landete, ersannen Spötter: FDP stehe als Kürzel für "Fast Drei Prozent". Nun kann man in Bayern sagen: FDP, fixe drei Prozent. Wie bei der Vorgängerumfrage und erneut klar entfernt von den 5,1 Prozent bei der Wahl 2018. Man flöge aus dem Parlament. Besonderer Nackenschlag obendrauf: Bei Detailanalysen etwa zur Stimmung im Land liefert das Pressematerial zur Umfrage den Blick auf die Anhänger aller im Landtag vertretenen Parteien, nicht mehr aber auf die FDP-Wähler. Ob zu wenig relevant oder nicht mehr solide messbar? Kann man sich aussuchen.

Ein erstaunlich gelassener FDP-Fraktionschef Martin Hagen war im BR-Magazin "Kontrovers" zu sehen: nichts schönzureden, sagte er, ein "Scheiß-Umfrageergebnis". Zittern würde er aber nicht, schließlich werde erst in zweieinhalb Jahren gewählt. Auch gebe es andere Probleme als Umfragen. Zumindest ein Kurswechsel steht nicht an. Zum Abschluss ihrer Winterklausur stellte die Fraktion am Donnerstag die "Freiheitsstrategie 2021" vor. Mit Stufenplan aus dem Lockdown. Und, ach ja, mit einer Corona-Ampel ohne "Fixierung auf den Inzidenzwert".

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