Süddeutsche Zeitung

Mitten in Bayern:# Eibsee, das Ende der Idylle

Drohnen, Paddler, Hip-Hop: Unter der Zugspitze geht es zu wie auf einer Party

Von Theresa Krinninger

Oberbayerische Bergseen sind die Sehnsuchtsorte schlechthin. Einer dieser paradiesischen Orte ist zum Beispiel der Eibsee. Die Wettersteinwand inklusive Zugspitze türmen sich majestätisch über dem Gebirgssee auf, türkises Wasser schmiegt sich an den sattgrünen Uferwald. Hier treffen die Alpen auf Karibikflair. Auf den sozialen Medienkanälen, etwa beim Bildnachrichtendienst Instagram, hat der Hashtag #Eibsee mehr als 36 000 Beiträge. Die Unmengen von Instagram-Schmuckbildern mit der Ortsmarke Eibsee werden gar nicht erst gezählt. Mal ist es das Badenixen-Selfie, mal der Hund mit zufriedenem Blick, mal wird das Surfbrett in Szene gesetzt. Das gilt nicht nur für den Eibsee. Die Schönheit der Bergseen ist längst in aller Welt bekannt.

Der eine oder andere Großstädter verlässt, vermutlich von Instagram geködert, seine Betonburg und macht sich auf zum Ort der Träume. Laut ADAC standen Autofahrer auf der A 95 zwischen Garmisch-Partenkirchen und München dieses Jahr an Fronleichnam insgesamt 46 Kilometer im Stau. 2016 waren es 35 Kilometer und 2015 neun Kilometer. Die Zugspitzbahnen befördern jährlich etwa eine halbe Million Besucher auf den höchsten Gipfel Deutschlands, Tendenz steigend. Viele Gäste wollen auch im Sommer Gipfel sehen und danach baden gehen.

Die Chronik eines frühsommerlichen Feiertags am Eibsee sieht so aus: 9 Uhr: Der Frühschwimmer genießt noch die Ruhe vor dem Sturm. 10 Uhr: Die ersten Tretbootfahrer laufen aus und mit ihnen die ersten Stand-up-Paddler - das sind Menschen, die sich stehend auf Surfbrettern fortbewegen. 12 Uhr: Eine Drohne zieht ohne sichtbaren Besitzer mit lautem Brummen ihre Runden. 14 Uhr: Vier Tretboote beschallen die Gäste am Ufer mit Techno, R&B und Hip-Hop. 15 Uhr: Drei junge Damen aus den Vereinigten Staaten verirren sich zufällig in den FKK-Bereich. Das gibt ihnen den speziellen Kick. Mit lautem "Oh my God, I am going to do it!"-Gekreische ziehen sie sich aus. Später unterhalten sie sich sehr angeregt mit einem nackten Studenten aus München. Jedem das Seine. Aber als Sehnsuchtsort hat der Eibsee endgültig ausgedient. Wenigstens bis zum ersten Herbstnebel.

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Quelle:
SZ vom 03.07.2017
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