Mitten in Bayern:Die tapferen Nördlinger

Reisen in ferne Ländern können spannend, aber auch gefährlich sein. Doch für eine langjährige Städtepartnerschaft scheuen ein Oberbürgermeister und seine Begleiter keine Risiken

Von Christian Rost

William Moll-Berczy war ein Tausendsassa. Der 1744 in Wallerstein im Nördlinger Ries geborene Sohn eines Hofrats betätigte sich als Porträtmaler und Händler, was noch nicht so spektakulär war, ging dann aber als Pionier nach Kanada. Er holte deutsche Auswanderer in die Wildnis Nordamerikas, um der Natur Land abzutrotzen und schließlich die Stadt Markham nahe Toronto zu gründen. Toronto, das zunächst York hieß, gründete er gleich mit. Was sich so leichtfüßig anhört, war eine Mordsplackerei: In die Wälder mussten Schneisen geschlagen und wochenlange Märsche mit Schneeschuhen bewältigt werden, möglichst ohne einem Bären zu begegnen. Da verwundert es nicht, dass viele der Siedler das Handtuch warfen, übrigens ebenso französische Adlige, die vor der Revolution geflohen, auf das Überleben unter solch harten Bedingungen aber nicht vorbereitet waren. Da gingen sie lieber zurück nach Frankreich, trotz Revolution - die Guillotine schien das kleinere Übel zu sein.

Vor diesem Hintergrund muss eine Mitteilung der Stadt Nördlingen gelesen werden. Darin zeigt sich die Verwaltung hoch erleichtert, dass ihr Oberbürgermeister Hermann Faul samt seiner Delegation vom Partnerstadtbesuch in Markham vor ein paar Wochen unversehrt zurückgekommen ist. Der Freundeskreis Markham aus Nördlingen hatte an den Feierlichkeiten zu "150 Jahre Kanada" teilgenommen. Nun soll sich das Land seit Moll-Berczys Wirken doch ein gutes Stück weiterentwickelt haben, zumindest muss man sich nicht mehr mit der Axt durch den Wald arbeiten, um von einem Ort zum anderen zu gelangen, und die wilden Tiere sind auch nicht mehr so wild, wie sie es einmal waren.

Und doch muss man froh sein, dass der OB und seine Begleiter "wohl behalten" zurück sind im Ries, wie die Stadt betont. Die Delegation hatte nicht nur einen Ausflug zu den Niagarafällen zu bewältigen. Nein, es musste auch eine Moll-Berczy-Statue enthüllt und eine umfangreiche Stadtbesichtigung unternommen werden. Dass nach all dem noch eine festliche Parade anlässlich des Geburtstags Kanadas besucht werden konnte - Chapeau! Man muss wirklich dankbar sein, dass die Nördlinger das unbeschadet überstanden haben.

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