Mitten in Bayern:Der Krampf mit den Krapfen

Die Konditoreien überbieten sich derzeit an mehr oder weniger geschmacklosen Varianten des Faschingsgebäcks

Kolumne von Johann Osel

Von "Schädelbumsigkeit", die der Genuss einiger Goaßmaßn bringt, war an dieser Stelle schon die Rede. Vergangenen Sommer, da entpuppte sich Niederbayern als Heimstatt des Mischgetränks aus Bier, Cola und Kirschlikör: Ein Wirt bot beim Straubinger Gäubodenfest den Trunk an und ließ zudem eine stattliche Goaßmaß-Königin küren. Die Jugend war entzückt über die Wiederkehr des Saufklassikers, und die inzwischen ergraute Jugend ebenso, weil sie sich an das ländliche Discotreiben im vergangenen Jahrtausend erinnert sah. Jetzt im Fasching entsteht gerade ein Kult um den Goaßmaß-Krapfen, getränkt im Getränk und befüllt mit Likör. Als Erfinder gilt ein Bäcker im - logisch - niederbayerischen Frontenhausen. Dort explodiert die Nachfrage, seit der Kabarettist Hannes Ringlstetter den Krapfen medial bekannt gemacht hat. Kotzt sich leichter als Goaß allein, denken womöglich rustikale Zecher. Oder es ist einfach der Reiz des Kuriosen.

Andere erkennen einen Wettstreit der Bezirke; denn zuvor erregte der Leberkäs-Krapfen eines Konditors im oberbayerischen Miesbach Aufsehen. Was kommt noch? Ein Bratwurst- und ein Schäuferla-Krapfen in Franken? Eine schwäbische Version mit Kässpätzle? Eventuell gibt es das längst und die Macher haben damit nicht die Öffentlichkeit erreicht. Der BR berichtet derweil über einen Würzburger Konditor; er soll der wahre Erfinder des Leberkäs-Krapfens sein und er tüftelt an Döner- und Fleischpflanzerl-Krapfen. In Düsseldorf will man den Bayern nicht nachstehen, mit dem Mett-Krapfen. Die Münchner tz stellte das Bild eines fischigen Karpfen-Krapfens ins Netz; eine Fotomontage jedoch, um die Leser zum absurden Trend zu befragen. Viele wirken tatsächlich genervt davon, dass stets ein Bäcker eins draufsetzt an Skurrilität.

Nun mag man den Kreateuren nicht bloßes Aufmerksamkeitsheischen unterstellen. Eher folgendes Motiv: das Über-die-Stränge-Schlagen. In der heutigen Ernähr-dich-gesund-Gesellschaft ist der temporär verfügbare Faschingskrapfen ja eine der Sünden, die nicht allzu sehr verpönt sind, die man sich mal erlauben darf. Wer kann da nicht verstehen, dass man noch weiteres Ungesundes hineinpackt wie Fleisch und Schnäpse? Wie dem auch sei - am Aschermittwoch ist es mit dem Krapfen-Krampf eh vorbei.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: