Rechtschreibung:Der Deppenapostroph ist beliebt wie nie

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(Foto: SZ)

Jetzt sehen sich die Sprachforscher an den bayerischen Universitäten auch noch mit einem neuen Phänomenen konfrontiert. Es hat etwas mit dem Verschwinden des Bindestrichs zu tun.

Kolumne von Hans Kratzer

Nur wenigen Menschen wird das Glück zuteil, am westlichen Zipfel des Sauwalds geboren zu sein. Zu ihnen zählt der Lehrer Hans Klaffl, der sogar zum Staatskabarettisten aufgestiegen ist. Seitdem versieht er seinen Namen mit einem Apostroph: Han's Klaffl. Diese Verhunzung des Vornamens war irgendwie logisch, denn Wörter ohne Apostroph schauen heutzutage seltsam und verbraucht aus. Süddeutsch'e Zei'tung, das wirkt hipper, stet's am Puls der Zeit.

In Bayern sind die Apostrophe seit jeher beliebt, vor allem bei der Verschriftlichung des Dialekts. Solche Sätze enthalten mehr Häkchen als Buchstaben. Auch im Alltag blüht dieser Brauch recht üppig, etwa in jener Wirt's Stub'n, die zur Hax'n Time einlädt. Die Termine sind wie die Öffnungszeiten von Susi's Frisierstüberl dem G'moablattl zu entnehmen. Auf der Anzeigenseite preist der Elektrohandel Handy's an, der Discounter Anana's.

20 Jahre nach der Rechtschreibreform entfaltet sich der orthografische Wildwuchs ungebremst. Der Deppenapostroph, also das Setzen von Apostrophen an falschen Stellen, ist vital wie nie. Nun sehen sich die Sprachforscher an den bayerischen Unis mit neuen Phänomenen konfrontiert. Das Aufkeimen des Deppenleerzeichens geht dabei einher mit dem Verschwinden des Bindestrichs.

Um die Sprache zu vereinfachen, wurden zuletzt Wörter wie Land-Tag, Haus-Nummer und Post-Leit-Zahl mit Bindestrich geschrieben. Die Verwirrung um Bindestrich sowie um Getrennt- und Zusammenschreibung war der ideale Dünger für das Deppenleerzeichen, das die Zusammenschreibung von Wörtern quasi auflöst. Ein schöner Fall war im Advent in Nordbayern zu beobachten, wo Weihnacht's Plätzchen feilgeboten wurden.

Die Forscher sehen die Ursache für diese Fehlentwicklung weniger in der Rechtschreibreform als in den Autokorrektursystemen der Computer und Smartphones. Da sie viele Komposita nicht erkennen, schlagen sie getrennte Wörter vor: Bremsen Dienst, Feinschmecker Suppe, Gebraucht Fahrzeuge. Deshalb wird der Sauwald künftig Sau Wald heißen. Der Student Erik Lutz hat das Deppenleerzeichen an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt wissenschaftlich untersucht. Der Titel seiner Arbeit lautet logischerweise: Deppen Leer Zeichen!

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