Europaministerium:Melanie Huml auf dem Außenposten der Staatsregierung

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Bayerns bisherige Gesundheitsministerin Melanie Huml wechselt ins Europaministerium. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Sie wird in das Europa­ministerium abgeschoben, das seltsamste Ressort im Kabinett. Eine Demütigung? Oder doch ein Sprungbrett?

Glosse von Katja Auer

Gut, er hätte sie auch rauswerfen können. Doch Melanie Huml bleibt im Kabinett. Nicht als Gesundheitsministerin, aber sie kriegt einen neuen Job: Europaministerin.

Eine Demütigung, was sonst, schlimmer als kein Amt mehr, wer kennt schon Bayerns Europaministerin? Und was tut die überhaupt? Zurzeit macht den Job Staatskanzleichef Florian Herrmann einfach mit, zuletzt hat er sieben Schulen mit einer Europa-Urkunde ausgezeichnet. Falls das wem entgangen sein sollte. In seinen anderen Funktionen bekommt er jedenfalls mehr Aufmerksamkeit.

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Dass Gesundheitsministerin Huml nun auch offiziell ihren Job verliert, ist eher eine Randnotiz. Auch die 15-Kilometer-Regel ist kaum mehr als ein Ausdruck der Hilflosigkeit.

Kommentar von Sebastian Beck

Der Europaminister hat verschiedene Dienstsitze, das kennt Melanie Huml schon vom zweigeteilten Gesundheitsministerium in München und Nürnberg. Der bayerische Außenposten in Brüssel allerdings, da tritt man den Franken nicht zu nahe, ist deutlich repräsentativer als die Nürnberger Ministeriumsunterkünfte.

Reinhold Bocklet, möglicherweise der letzte, der den Job als Europaminister wirklich gerne gemacht hat, fädelte einst den Umzug der Bayern in das prachtvolle Gebäude ein, um das sie noch heute - allem Spott über "Schloss Neuwahnstein" zum Trotz - wegen zentraler Lage und kaum steigerbarem mia-san-mia-Faktor von den Abgesandten der meisten Länder beneidet werden.

Ähnliche Spuren bayerischer Europapolitik hat dann lange keiner mehr hinterlassen. Georg Eisenreich hatte den Posten mal, Beate Merk, Emilia Müller, Erwin Huber. Mal mit, mal ohne Zuständigkeit für Medien und Digitales, das Amt hat schon viele Zuschnitte erfahren - und einen besonderen von einem, der den Posten auch nicht haben wollte:

Ministerpräsident Günther Beckstein musste bei seiner Kabinettsbildung 2007 den ehrgeizigen CSU-Generalsekretär berücksichtigen, wollte ihn aber nicht mit einem allzu prominenten Ressort beglücken. Markus Söder wurde also Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten - und zog fortan als bayerischer Außenminister durch die Talkshows. Er rettete den fränkischen Bocksbeutel vor den Brüsseler Bürokraten und ging den Ministerkollegen mit anderen medienwirksamen Coups auf die Nerven. Und heute?

Nur als Erinnerung für den Fall, dass sich irgendjemand die Beförderung zur Europaministerin schönreden möchte.

© SZ vom 08.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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