Mitten in Bayern:Dem Huisnblasi seine Geschichte

Hinter dem lustigen Wort verbirgt sich das Schicksal eines Mannes, dessen Schicksal sowohl die bayerische Literatur als auch den Heimatfilm geprägt hat

Von Hans Kratzer

Neulich war in der SZ das recht seltene Wort Huisnblasi zu lesen. Der große Münchner Autor Sigi Sommer (1914-1996) schrieb einst in der Abendzeitung, Huisnblasi sei die lustige Bezeichnung für einen unbeholfenen Menschen. Weitaus spannender als die Wortdefinition aber ist die Geschichte, die hinter dem Huisnblasi steckt. Immerhin hat diese Figur sowohl die bayerische Literatur als auch das Genre Heimatfilm stark geprägt. Nach Recherchen des Journalisten Martin A. Klaus hatte der Hoißn-Bauer in Anger bei Lenggries einst einen Sohn, der Blasius hieß und Hoißn-Blasi genannt wurde. Dass dieser Mann der Großonkel eines verdienten SZ-Redakteurs war, soll nicht unerwähnt bleiben. Folgenreicher aber war für den Hoißn-Blasi, dass ihn die Großdichter Ludwig Thoma und Ludwig Ganghofer literarisch verewigt haben, allerdings in den aus Unkenntnis geänderten Formen Halsen- und Huisn-Blasi.

Überdies verwirren Ganghofer und Thoma ihre Leser insofern, als sie den Blasi an unterschiedlichen Orten zu Tode kommen lassen. In Wahrheit wurde der Hoißn-Blasi im Juli 1868 bei einer "Seeschlacht auf der Isar" nur schwer verletzt. Erschossen aber wurde sein Bruder, der Hoißn-Toni, und zwar von den Jägern des Oberförsters Max Thoma, des Vaters von Ludwig Thoma. Letzterer schrieb fast 40 Jahre danach die Geschichte "Die Halsenbuben", in der fälschlicherweise der Blasi stirbt. Klaus zieht aus seinen Recherchen den Schluss, dass Thoma mit dieser Geschichte eine Schandtat des Vaters und seiner Jäger beschönigte. Alles sieht nach Notwehr aus, doch wurde der Hoißn-Toni wohl in einen Hinterhalt gelockt. Thoma machte daraus ein Heldenstück der Revierförster. Ganghofer schildert das Geschehen im Roman "Der Jäger von Fall" etwas anders. Er hatte das Glück, zur rechten Zeit als Jagdgast im Forstbereich Fall zu weilen. Dort bekam er durch die Erzählungen der Jäger unmittelbar mit, dass einer der Hoißn-Söhne von einem Jachenauer Kollegen erschossen wurde. In diesem Moment klickte es bei Ganghofer, nun hatte er den Stoff, der ihn berühmt machen sollte. "Der kurzlederne genius loci faßte mich fest beim blonden Schopf", sagte er und schrieb den "Jäger von Fall" nieder.

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