Mitten in Bayern:Das Paradoxon des Tagesausflugs

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Die Bayern sind gerne unterwegs, auch in der näheren Umgebung. Der Verkehr stört sie dabei und überteuerte Preise nerven, das hat gerade eine Studie ergeben. Und noch etwas mögen die Leute gar nicht am Tagestourismus, auch wenn es zunächst beinahe absurd klingt

Glosse von Dietrich Mittler

Um einmal ganz allgemein zu beginnen, übrigens mit freundlicher Unterstützung von Wikipedia: "Der Tourismus ist die temporäre Ortsveränderung durch Reisen von Personen in Destinationen, die sich außerhalb ihres üblichen Wohn- oder Arbeitsorts befinden. Die reisenden Personen werden Touristen genannt." Und schon sieht sie jedermann klar und deutlich vor sich: diese Spezies, die immer mehr in den Fokus der Wissenschaft gerät, so wie etwa seit längerer Zeit auch schon die Melkkühe. Wobei es hier nun ganz und gar nicht um die Anbindehaltung gehen soll - auch wenn im Alpenraum mancher Einheimische mit Overtourism-Erfahrung davon träumen mag. "Wie tickt der Tourist?", das ist eine Frage, die sich das Bayerische Zentrum für Tourismus immer wieder stellt und zur Klärung renommierte Expertinnen und Experten zu Rate zieht.

So kam es auch zu dieser Erkenntnis, die allerdings grauenhafte Bilder ins Gedächtnis ruft: "Reiseverhalten der Deutschen verändert sich nach der Corona-Krise nur schleichend." Was soll das heißen? Bezieht sich dies auf die stets beliebte Herren-Reisebekleidung, also Unterhemd, Sandalen, weiße Socken, kurze Hose? Doch bitte nicht! Aber es würde mit erklären, warum sich die Forschung derzeit mit dem sogenannten Low- und No-Touch-Tourism auseinandersetzt.

Da wende man sich doch lieber der aktuellen Auswertung zum Verhalten und zu den Motiven von bayerischen Tagestouristinnen und -touristen zu. 2001 Menschen wurden im Mai 2021 dazu befragt - ihre Antworten sind repräsentativ, wenn nicht gar klassisch. Zumindest, was dieses Umfrageergebnis angeht. Für Ärger unter den Reisenden sorgte nämlich neben "zu viel Verkehr", "zu wenig Parkplätzen" und "überteuerten Preisen" vor allem das: "zu viele Menschen am Ausflugsort". Sprich, was Touristen nur schwer ertragen können, sind die anderen Touristen. Vielleicht mal abgesehen von den Familienangehörigen, mit denen Tagestouristen in Bayern sehr gerne ausschwärmen. Auch wenn es bitter ist, dieses Problem wird sich kaum lösen lassen, weder am Walchensee, noch in Venedig, an der Spanischen Treppe in Rom oder auf Malle. Vielleicht war der alte Begriff "Fremdenverkehr" doch der ehrlichere: Am Ende bleiben sich die Fremden fremd.

© SZ vom 04.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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