Mitten in Bayern:Cooler Scheff

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Da Scheff – mal groß, mal klein, mal illegal, mal legal. (Foto: privat)

Der Bürgermeister von Lindenberg hätte sich ordentlich aufregen können, als jüngst ein Graffito am Rathaus prangte. Doch der Lokalpolitiker reagierte anders

Kolumne von Florian Fuchs

Der jährlich durch Graffiti entstehende Schaden bemisst sich in München auf mehr als fünf Millionen Euro, in Berlin gar auf mehr als zehn Millionen. Damit hinterher niemand sagen kann, er habe nichts gewusst, hat die bayerische Polizei einen Flyer mit dem Titel "Illegale Graffiti: Informationen für Sprayer" zusammengestellt. Straßenkünstler lernen da, dass unerlaubte Graffiti als Sachbeschädigung gelten und Strafanzeigen sowie Hausdurchsuchungen nach sich ziehen können. Bis zu 30 Jahre können Sünder für den angerichteten Schaden zur Kasse gebeten werden. Oder aber, das steht nicht in dem Flyer, die Sprayer sind in Lindenberg im Allgäu unterwegs und verewigen den amtierenden Bürgermeister auf dem Rathaus. Dann kann die Sache auch ganz anders ausgehen - deutlich charmanter.

Eric Ballerstedt ist ein fotogener Typ, das Porträt des Bürgermeisters auf dem denkmalgeschützten Rathaus aus dem Jahr 1907 sieht schick aus. Ein bisschen wirkt es, als wäre Banksy in die Provinz gereist. Vieles deutet aber darauf hin, dass der Sprayer des Deutschen mächtig ist, hat er doch den Aufruf des Bürgermeisters auf Facebook beherzigt. Dort hat Ballerstedt zwar klar gestellt, dass das Kunstwerk illegal ist und entfernt werden muss. Aber ein bisschen gebauchpinselt hat er sich wohl gefühlt, prangt doch unter seinem Konterfei die eindeutige Beschreibung, wer in Lindenberg das Sagen hat: "Da Scheff". Zumindest Mundart beherrscht der Täter also. Und deshalb hat der Bürgermeister dem, wie er findet, talentierten Künstler ein Angebot gemacht: Ballerstedt kommt privat für die Reinigung der Rathauswand auf und zieht die Anzeige wegen Sachbeschädigung zurück. Im Gegenzug erhält er das Graffito im Kleinformat, damit er es sich ins Büro hängen kann.

Coole Reaktion, finden nun nicht nur die Lindenberger, und tatsächlich lehnte vergangene Woche morgens plötzlich ein kleines Bildnis von Ballerstedt mit dem Spruch "Da Scheff" neben dem großen Bild an der Wand. Im Büro des Bürgermeisters bekommt dieses nun einen Ehrenplatz, auch wenn ihn die Reinigung, wie er sagt, eine Stange Geld kosten wird. Nachahmer seien deshalb gewarnt: Noch einmal zeigt sich der Scheff von Lindenberg nicht so nachsichtig.

© SZ vom 17.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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