Mitten in Bayern:Bei der Betty in Brückenau

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In dem beschaulichen Kurbad hat sich ein prominenter Gast zur Therapie angemeldet

Kolumne von Johann Osel

Ein Dank an die Schauspielerin und Promi-Big-Brother-Siegerin Jenny Elvers ist an dieser Stelle mal angebracht. Mehrmals war sie wegen Alkoholproblemen in Therapie, in der "My Way Betty Ford"-Klinik im unterfränkischen Bad Brückenau; und hätte sie das nicht medial verkündet, wären keine Berichte in der bunten Presse erschienen, wie sie "nachdenklich mit dicken Kopfhörern" spaziert - dann wüsste die klatschgeneigte Öffentlichkeit kaum von der Existenz dieser Klinik in der Rhön und mitten im Staatsbad Bad Brückenau. Die Klinik selbst, Lizenznehmer der von halb Hollywood geschätzten Betty-Ford-Methode, verheißt pure Diskretion für bekannte oder zumindest wohlhabende Gäste, auf Wunsch werden sie gar mit Alias-Namen angesprochen. Ausflügler und Patienten benachbarter Kliniken, mit Bandscheibenvorfall oder Reizdarm, sehen an der Betty-Klinik nicht mal ein Türschild. Steht man davor, vor der Villa mit Betonflachbau, denkt man eher, dass es da ein Architekt bei der Konstruktion seines Landsitzes leicht übertrieben hat.

Nun - die Bild meldet es - soll Ex-Radprofi Jan Ullrich in der Klinik Bett und Therapieplatz bezogen haben. Er soll in einem Frankfurter Hotel eine Escort-Dame attackiert haben, unter Alkohol- und Drogeneinfluss. Die Zeitung taz rüffelt zwar: "Jan Ullrich stürzt ab und viele Medien reichen dazu Popcorn." Betrachtungen über die Örtlichkeit an sich sind aber sicher gestattet. Denn das Staatsbad, unabhängig von der medizinischen Hilfe, dürfte ihm gut tun. Ludwig I. hat diesen Ort geliebt, gut zwei Dutzend Mal war der König dort, einmal mit seiner Geliebten Lola Montez. Er lustwandelte und dichtete Verse - und ließ bauen und pflanzen. Das Areal mit seinem Park lädt ein, wahrlich zur Ruhe zu kommen. Das liegt auch an den Gästezahlen der Anlage, die dem Freistaat gehört. Die Zahlen sind passabel, aber nicht famos. Der Ruhe ist das nur zuträglich. Die Lockungen sind überschaubar, im Trinkatrium kann Ullrich dafür Heilwasser schlürfen, das reich an Mineralstoffen ist. Nebenan lässt sich das Deutsche Fahrradmuseum besichtigen.

Aber womöglich gilt es am Ende doch, den Rat eines Zeitungskommentars zu befolgen: Ullrich soll sich in der Klinik aufhalten - "Das ist die Nachricht. Alles andere geht uns nichts an."

© SZ vom 17.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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