Mitten in Bayern:Bauchkatholik vs. Kopfprotestant

Gerade im Jubiläumsjahr der Reformation ist der Feinsinn für individuelle Ausprägungen der zwei christlichen Kirchen besonders geschärft

Von Katja Auer

Gerade erst hat der bayerische Landesbischof den Papst getroffen und er war hernach ganz begeistert. Es ist umso erfreulicher, dass sich die beiden so gut vertragen haben, schließlich wird in diesem Jahr das Reformationsjubiläum gefeiert, also 500 Jahre Kirchenspaltung. Zwar wird schon lange daran gearbeitet, diese wieder zu überwinden, aber ein paar Unterschiede gibt es doch. Gerade in Bayern.

An Mariä Himmelfahrt zum Beispiel. Dann fahren die katholischen Oberpfälzer, die an diesem Feiertag frei haben, ins überwiegend evangelische Nürnberg. Dort ist kein Feiertag, die Läden haben offen und wer sich das Treiben anschaut, dem muss es vorkommen, als werde es drei Wochen lang nichts mehr zu kaufen geben.

Auch bei Tisch lässt sich erkennen, ob man in eine katholische oder in eine evangelische Gegend geraten ist. An den Bratwürsten etwa, für die ohnehin jeder Metzger sein eigenes Rezept hat. Dennoch lässt sich die Faustregel aufstellen: je feiner die Wurst, desto katholischer. Und in Franken, wo die Katholiken in der Unterzahl sind, erkennt man sich gar an der Form der Küchla. Das Schmalzgebäck - anderswo Auszogne genannt -, das die Bäckerinnen der Legende nach früher über dem Knie geformt haben, gilt als katholische Variante, die meist kleineren und oft kissenförmigen Krapfen sollen evangelisch sein. Verspeist werden sie, gleich in welcher Form, von Anhängern jedweder Konfession, auch wenn den Katholiken der größere Hang zum Genuss nachgesagt wird.

Für sinnlicher hält auch Michael Lerchenberg die Katholiken. Der Noch-Intendant der Luisenburg-Festspiele in Wunsiedel, selbst aus der Kirche ausgetreten, will einen weiteren Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten erkannt haben. Sie lachten unterschiedlich, sagt er, die Katholiken mit dem Bauch und die Protestanten mit dem Kopf. Der katholische Mensch genieße die Kunst einfach, meint er damit, der evangelische wolle dagegen "quasi einen intellektuellen Zugewinn". Den Unterschied, sagt Lerchenberg, könne er sogar hören. Nun gibt es leider keine Tonaufnahmen vom Treffen des Papstes mit dem Landesbischof. Vielleicht könnte man schon eine Annäherung hören.

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