Mitten in Bayern:Auferstanden aus Ruinen

Das Bayerische Oberste Landesgericht nimmt seine Art wieder auf. Für Richter eröffnet es neue Karrierechancen

Kolumne Von Annette Ramelsberger

Das Bayerische Oberste Landesgericht, eine Ikone der bayerischen Justiz, wäre fast den Weg alles Irdischen gegangen. Edmund Stoiber, selbst Prädikatsjurist, hatte es 2006 in seinem Zwei-Drittel-Mehrheits-Furor abgeschafft, um auch der Justiz ein Opfer aufzuerlegen für den Weg in die Moderne. Man kann nicht sagen, dass danach die Rechtspflege im Freistaat zusammengebrochen wäre, aber das Bayerische Oberste hatte so viele Freunde, dass ihm nun die Wiederauferstehung gelungen ist. Ministerpräsident Markus Söder, einst bekennender Stoiberianer, musste bei seiner Festrede zugeben, dass die Abschaffung des Traditionsgerichts nun fast, doch, nun ja, ein Fehler gewesen sein könnte. Selbst wenn der von Stoiber begangen worden war.

Auf jeden Fall soll nun alles wieder gut werden. Das Gericht ist wieder da, innerhalb von nur sechs Monaten aus dem Boden gestampft. Das Türschild ist poliert und wiegt acht Kilogramm. Der neue Präsident hat, wie er beteuert, am Montag die Arbeit aufgenommen, mit fünf Kolleginnen und Kollegen, aber ohne Akten. Die werden sich bald einstellen, hofft er. Denn das Gericht sei eine "Edelmarke" und Juristen würden schnell entdecken, für was man es brauchen könne.

Söder entdeckte noch viel schneller, was man mit dem Gericht machen kann: die Seele der Juristen streicheln. Nicht nur, weil dieses Gericht sich fühlt wie eine kleine Ausgabe des Bundesgerichtshofs, nur halt in Bayern. Nicht nur, weil es "ein Mythos" ist, "das kollektive Gewissen einer Zunft", der "Stolz" Bayerns ( Söder). Es gefällt den Juristen schon auch, dass dadurch mindestens 30 gut dotierte Posten entstehen - jene, die Stoiber einst einsparen wollte. Das verspricht für manchen einen hübschen Karriereschub zum Laufbahn-Ende. So soll Vize-Präsident des neuen Gerichts Manfred Götzl werden, der Mann, der den NSU-Prozess zu Ende gebracht hat. Respekt zollte ihm Söder für diese Leistung, es gab Applaus. Götzl aber war gar nicht da. Seine Berufung ist noch nicht durch und akkurat wie er ist, würde er dem nicht vorgreifen. Vielleicht nützt er aber auch nur jede Minute, um das NSU-Urteil zu schreiben. Das steht noch aus. Wer Götzl kennt, kann sich nicht vorstellen, dass er vorher den neuen Job antritt.

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