Prozess in Augsburg :Einmal Schwarzfahren? Macht 9000 Euro

Trotz Stadionverbots sind vier Fußballfans aus Hannover nach Augsburg gereist. Dort erlebten die Ultras das wohl teuerste Spiel ihres Lebens - ohne es zu sehen.

Von Christian Rost

Es gibt drei Möglichkeiten, sich mit Fußball zu beschäftigen: gar nicht, gelegentlich und sehr. 36 Ultras von Hannover 96 sind derart in ihren Bundesligaverein vernarrt, dass sie der Mannschaft überall hin folgen. Und weil diese Fans regelmäßig ausrasten, sind sie mit Stadionverboten belegt. Das ficht sie aber nicht weiter an, sie fahren trotzdem mit zu den Auswärtsspielen ihrer Mannschaft und hocken sich dann in irgendeine Kneipe, wo es genügend Bier und einen Fernseher gibt. So war das auch im Oktober 2017 in Augsburg.

Die Polizei hatte die Niedersachsen bereits in der Stadt erwartet und nach ihrer Ankunft eng begleitet, damit sie nichts anstellen. Das haben sie aber trotzdem. Sie ließen sich volllaufen und belästigten Passantinnen. Das wurde ihnen aber nicht zum Verhängnis, sondern etwas, was die Justiz Leistungserschleichung nennt. Nachdem sie auf der Suche nach einem Lokal, das Fußball im TV zeigt, zunächst drei Mal von Wirten abgewiesen worden waren, stiegen sie in eine Trambahn und fuhren zum zentralen Königsplatz. 40 Bereitschaftspolizisten befanden sich in ihrer Nähe und bemerkten, dass kein einziger Ultra ein Ticket für die 1,2 Kilometer lange Strecke gelöst hatte, wie die Lokalzeitung berichtet. Einige Ultras sollen angesichts der staatlichen Begleitung noch rasch ein Handyticket gelöst haben. Diese wurden aber erst nach ihrer Ankunft gültig - und somit nutzlos.

Die Polizei lud die Ultras also kurzerhand in einen Bus um und fuhr sie zum Stadion des FC Augsburg. Hinein durften sie natürlich nicht, sie wurden dort lediglich gründlich kontrolliert - und angezeigt wegen Schwarzfahrens. Für die meisten Ultras ging das glimpflich aus, sie zahlten den üblichen Tarif von 60 Euro oder bekamen einen Strafbefehl zugeschickt. Vier Hannoveraner allerdings werden ihren Ausflug nach Augsburg nicht vergessen. Sie waren bereits erheblich vorbestraft wegen Schwarzfahrens, Landfriedensbruchs und Körperverletzung. Am Augsburger Amtsgericht fielen die Strafen für ihre jüngste Leistungserschleichung entsprechend aus. Ein Angeklagter wurde zur Zahlung von 3600 Euro verurteilt, zwei zu 7200 Euro und einer gar zu 9000 Euro. So teuer kann der Besuch eines Fußballspiels in Schwaben sein. Immerhin: Hannover gewann 2:1.

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