Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) will die Zahl der Schüler, die in Zukunft wieder nach neun Jahren Gymnasium ihr Abitur machen, möglichst klein halten. Außerdem soll es für die "Mittelstufe Plus", in der ausgewählte Schüler den Stoff der achten, neunten und zehnten Klasse in vier statt in drei Jahren lernen können, zunächst kein zusätzliches Geld geben. Das hat der Ministerrat in seiner Sitzung am Dienstag beschlossen.
Aus einem internen Konzept, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, geht hervor, dass maximal "25 Prozent der Schülerschaft" die "Mittelstufe Plus" besuchen dürfen. "Übersteigt die Nachfrage das einer Schule zur Verfügung stehende Kontingent, so trifft diese eine Auswahl unter Abwägung der pädagogischen Aspekte", heißt es unter dem Stichpunkt "Konzept ,Mittelstufe Plus'". Und weiter: "Ein Rechtsanspruch auf Aufnahme in die ,Mittelstufe Plus' und eine Wahlfreiheit zwischen drei- und vierjähriger Mittelstufe bestehen nicht."
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Spaenles Konzept sieht vor, dass für die G-9-Schüler nach der neunten Klasse ein Zusatzjahr eingeschoben wird, "für das eine eigene Stundentafel gilt". Die Schüler sollen "gegenüber dem G8-Regelzug" entlastet werden, indem Nebenfächer in das Zusatzjahr verlagert werden, so dass sie sich den Rest der Zeit auf Kernfächer wie Mathematik, Deutsch oder die Fremdsprachen konzentrieren können. Durch das Zusatzjahr wird sich die Zahl der Unterrichtsstunden pro Woche reduzieren. Theoretisch könnte bei geschickter Stundenplanplanung der Nachmittagsunterricht fast oder sogar ganz wegfallen.
Weniger Fächer pro Schuljahr
Die Frage ist, ob das von der Staatsregierung überhaupt erwünscht ist, weil dadurch die Zahl der Bewerber für den G-9-Zug sprunghaft ansteigen würde. Auf jeden Fall werden die Schüler der Mittelstufe Plus aber weniger verschiedene Fächer pro Schuljahr haben. Außerdem wird es in den Kernfächern langsamer vorangehen, weil mehr Zeit ist, den Stoff durchzunehmen.
Zusätzliches Geld in die Gymnasialreform will die bayerische Staatsregierung erst im Schuljahr 2020/2021 investieren, wenn der erste Plusjahrgang in die zwölfte Klasse kommt. Bis dahin erfolge die Klassenbildung "bei der ,Mittelstufe Plus' im Rahmen des regulären Budgets, sodass während der Pilotphase keine Mehrkosten entstehen", heißt es in dem Papier.
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Bevor die "Mittelstufe Plus" flächendeckend eingeführt wird, soll es von Herbst 2015 an eine zweijährige Pilotphase geben, in der ausgewählte Schulen das Konzept erproben. Wie viele Schulen an dem Pilotversuch teilnehmen dürfen, war in den vergangenen Wochen eines der bestgehüteten Geheimnisse im Ministerium. In der Kostenschätzung, die Spaenle auf Wunsch von Finanzminister Markus Söder nachträglich eingearbeitet hat, geht das Kultusministerium jetzt von zehn Prozent der staatlichen Gymnasien aus. Das wären 32 Schulen. Nach Informationen der SZ haben bereits jetzt mehr bayerische Gymnasien beim Kultusministerium ihr Interesse bekundet. Und das, obwohl die Bewerbungsunterlagen noch gar nicht verschickt wurden. Im Kultusministerium soll es deshalb schon Überlegungen geben, keine offizielle Ausschreibung mehr zu machen.
Städtische Gymnasien mit wenig Interesse
Die Pilotschulen müssen dem Kabinettsbeschluss zufolge "überwiegend repräsentativ für einen in der bayerischen Schullandschaft häufiger vertretenen Gymnasialtypus sein". Das könnte noch zum Problem werden, denn bisher sollen sich fast ausschließlich ländliche Gymnasien im Kultusministerium beworben haben, die durch den G-9-Zug zusätzliche Schüler gewinnen wollen. Städtische Gymnasien, von denen die meisten eher zu viele als zu wenige Schüler haben, scheinen dagegen weniger Interesse zu haben.
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Aus München etwa soll sich bis jetzt nur eine einzige Schule gemeldet haben. Ein wichtiges Kriterium ist auch die "Bereitschaft des Schulleiters zur konstruktiven Teilnahme an der Pilotphase unter vorgegebenen Rahmenbedingungen". Dazu gehört auch, dass die "Mittelstufe Plus" in der Pilotphase nichts kosten darf. "Um für die Pilotphase mit den gleichen Rahmenbedingungen wie für die spätere flächendeckende Einführung operieren zu können, wird für die Pilotphase kein Budgetzuschlag gewährt", heißt es ausdrücklich. "Dadurch wird sichergestellt, dass keine allzu kleinen Klassen eingerichtet werden, das heißt Klassenmehrungen vermieden werden." Das Einzige, was die Pilotschulen zusätzlich bekommen sollen, sind vier Anrechnungsstunden für die Leitung des Projekts.
Damit die "Mittelstufe Plus" auch an kleinen Schulen machbar wird, ist es erlaubt, so genannte Mischklassen zu bilden, in denen Plusschüler mit verschiedenen Sprachenfolgen und sogar mit verschiedenen Ausbildungsrichtungen sitzen. Nach Spaenles Zeitplan soll bis Februar 2015 feststehen, welche Schulen G-9-Züge ausprobieren dürfen. Im April und Mai können die Eltern dann einen Antrag für die Aufnahme ihres Kindes stellen. Da bisher gesetzlich festgelegt ist, dass das Gymnasium in Bayern acht Jahre dauert, muss die Staatsregierung auch eine Gesetzesänderung machen. Diese soll zu Beginn des Schuljahres 2017/2018 wirksam werden.