Missbrauch in der katholischen Kirche:"An die Opfer denkt keiner"

Nach dem Skandal um den bisherigen Pfarrer von Riekofen haben Betroffene von früheren Missbrauchsfällen dem Bistum Regensburg Vertuschung vorgeworfen.

Nach dem Missbrauchsskandal um den bisherigen Pfarrer von Riekofen haben Betroffene von früheren Missbrauchsfällen schwere Vorwürfe gegen das Bistum Regensburg erhoben.

Missbrauch in der katholischen Kirche: Johanna Treimer, Mutter eines missbrauchten Jungen aus Viechtach, vor der Kirche in Riekofen in der Oberfpfalz

Johanna Treimer, Mutter eines missbrauchten Jungen aus Viechtach, vor der Kirche in Riekofen in der Oberfpfalz

(Foto: Foto: dpa)

In der Diözese würden systematisch von Priestern begangene sexuelle Missbräuche vertuscht, sagten die Mütter von zwei missbrauchten Jungen am Sonntag. Nach dem Bekanntwerden der Missbrauchsfälle hätten die Opfer praktisch keinerlei Hilfe von der Bistumsleitung erhalten.

Unterdessen ist am Sonntag in Riekofen der neue katholische Pfarrer Gottfried Dachauer ins Amt eingeführt worden. Ursprünglich wollte der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller Dachauer persönlich als Pfarrer einführen. Der Bischof sagte den Besuch allerdings wegen des angeblichen Medienrummels kurzfristig ab.

Bei dem Gottesdienst spielte die Verhaftung des bisherigen Pfarrers, der sich in Riekofen jahrelang an einem Ministranten vergangen haben soll, keine Rolle. Der 39 Jahre alte Priester ist wegen sexuellen Kindesmissbrauchs einschlägig vorbestraft. Der Mann hatte bereits 1999 als Kaplan im niederbayerischen Viechtach Buben missbraucht und war dafür zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

"Das Bistum hat versagt"

Die betroffene Mutter aus Viechtach betonte, dass sie damals das Ordinariat gedrängt habe, den Priester nicht mehr in einer Gemeinde einzusetzen. "Ich hatte das Gefühl, dass er pädophil ist und das es kein Ausrutscher war", sagte sie nach der Amtseinführung Dachauers in Riekofen.

Das Bistum habe total versagt, meinte sie. "Es ist ein Skandal, dass sich der Bischof jetzt zu keiner Schuld bekennt." Die Vorfälle würden immer nur unter den Teppich gekehrt. "An die Opfer, die Kinder, denkt da keiner."

Ähnliche Erfahrungen machte die Mutter eines betroffenen Jungen aus Georgenberg. Der ehemalige Georgenberger Pfarrer ist 2003 wegen Missbrauchs von zwölf Jungen und Veruntreuung von Kirchengeldern zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden.

"Wir sind vom Ordinariat im Stich gelassen wurden", sagte die fünffache Mutter. Das Ordinariat entschuldige sich für nichts, schwelge aber im Selbstmitleid. "Der Bischof hat bis heute nicht den Weg zu uns gefunden."

Auch im niederbayerischen Falkenberg, wo der frühere Pfarrer sich an einem Jugendlichen vergangen hatte, haben die Betroffenen nach Angaben einer Vertrauensperson ähnliche Erfahrungen gemacht. Der Vorsitzende der bundesweiten Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen, Johannes Heibel, betonte, dass auch früher schon vorbestrafte Pfarrer wieder in den Gemeindedienst gekommen seien.

Neuer Pfarrer freundlich aufgenommen

"Noch immer scheint die Kirche nichts gelernt zu haben", sagte Heibel. "Priester, die missbraucht haben, haben im Dienst am Menschen nichts mehr zu suchen." Viele Riekofener, die erst nach Jahren von der kriminellen Vergangenheit ihres Ex-Pfarrers erfuhren, wollten sich bei der Amtseinführung des neuen Pfarrers zu dem Fall nicht mehr äußern.

Der Bischof wurde bei dem Gottesdienst mit etwa 250 Menschen von Dekan Anton Schober vertreten. Der neue Pfarrer Dachauer wurde von den Gläubigen freundlich aufgenommen.

Müller steht in der Kritik, weil er den Priester trotz dessen Vorstrafen ohne Wissen der Riekofener wieder in einer Gemeinde eingesetzt hat und damit auch gegen Richtlinien der Deutschen Bischofskonferenz verstoßen hat. Der Bischof hatte erst am Freitag die Beschäftigung des Priesters erneut verteidigt.

Der Mann soll angeblich nach einer Therapie ungefährlich gewesen sein. Das Ordinariat habe sich auf ein Gutachten verlassen. Der Bischof lehnt es bisher ab, eine Mitverantwortung für den möglichen neuen Missbrauchsfall zu übernehmen.

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