Mindelheim:Freie Wähler suchen sich selbst

Kommunalpolitiker aus Schwaben fordern Mitgliederbefragung, ob die Partei zur Bundestagswahl antreten soll

An der Basis der Freien Wähler (FW) rumort es einmal mehr laut vernehmbar. Eine Gruppe von Lokalpolitikern aus dem Unterallgäu um Landrat Hans-Joachim Weirather spricht sich gegen eine Beteiligung an der Bundestagswahl im Jahr 2017 aus und fordert den Bundes- und Landesvorsitzenden Hubert Aiwanger auf, eine Mitgliederbefragung durchzuführen.

"Es war ein grober Fehler, die Freien Wähler in eine Bundestagskandidatur zu schicken", sagt Landrat Weirather, " Aiwanger muss endlich kapieren, dass das keinen Sinn macht." Der Unterallgäuer FW-Kreisvorsitzende Reinhold Bäßler spricht von einer "zunehmenden Parteiwerdung" der Freien Wähler. Diese verfälsche ihr ursprüngliches Profil und mache es immer schwieriger, junge Leute für ein politisches Engagement zu gewinnen. Derzeit sind die Freien Wähler sowohl als Verein wie auch als Partei organisiert: Der Verein hat etwa 42 000 Mitglieder, die Partei 5000. "Wir wollen die große Schar aller Freien Wähler befragen, was sie wirklich wollen", fordert Kreischef Bäßler. "Wir hoffen, dass Hubert Aiwanger den Mumm hat, sich diesem Votum zu stellen", sagt Mitstreiter Peter Senner, ehemals zweiter Bürgermeister der Gemeinde Türkheim. "Aiwanger tut immer so, als wären die Freien Wähler eine Partei", sagt Senner, "aber wir wollen keine Partei sein." Bei aller Kritik betonen Bäßler und Senner, dass sie gegen eine Präsenz im Landtag nichts einzuwenden haben - aber eben sehr wohl auf Bundes- und Europa-Ebene.

Schon in der Vergangenheit hatten Kommunalpolitiker immer wieder gefordert, die Freien Wähler sollten sich auf ihre Basis in den Kommunen und Landkreisen konzentrieren und nicht bei Wahlen im Bund oder in Europa antreten. Bei der jüngsten Bundestagswahl 2013 hatten die Freien Wähler nur ein Prozent der Stimmen erhalten. Im Landtag sind sie mit 19 Abgeordneten vertreten, im Europäischen Parlament haben sie ein Mandat erobert. Dieses hat die Oberallgäuerin Ulrike Müller inne. Sie kann den Vorstoß ihrer Nachbarn aus dem Unterallgäu nicht nachvollziehen. "Ich finde es verwunderlich, dass man jetzt mit so einer Initiative an die Öffentlichkeit geht", sagt Müller.

Innerhalb der Freien Wähler in Schwaben herrscht derzeit ohnehin große Unruhe, da im März Neuwahl für den Bezirksvorstand anstehen. Der bisherige Bezirkschef Bernhard Pohl lässt sein Amt seit einer Alkoholfahrt in München ruhen. Bei Pohl wurde ein Blutalkoholwert von 1,29 Promille festgestellt, im Dezember wurde er zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt, zudem muss er 15 000 Euro zahlen. Dennoch gibt es Freie Wähler in Schwaben, die nicht ausschließen, dass Pohl erneut kandidieren wird. Pohl selbst war am Donnerstag nicht erreichbar. Peter Senner beteuert seinerseits, dass der Vorstoß aus dem Unterallgäu nichts mit dieser Wahl zu tun habe. Landrat Weirather betont auf Anfrage, er strebe den Bezirksvorsitz nicht an.

Hubert Aiwanger weist die Kritik zurück: "Wir dürfen uns auch bei kommenden Wahlen nicht in die Büsche schlagen." Eine Befragung aller lose organisierten Mitglieder wäre juristisch angreifbar, sagt Aiwanger. Aber er signalisiert auch Entgegenkommen: "Ich bin zu jeder Aussprache bereit."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: