Süddeutsche Zeitung

Miltenberg:Mülldrohung empört Grünen-Landrat

Im fränkischen Landkreis Miltenberg soll der Restmüll nur noch alle vier Wochen abgeholt werden. Eine anonyme Gruppe kündigt daraufhin an, das Grundstück des Lokalpolitikers mit Abfall zu fluten. Das ist kein Einzelfall.

Von Max Weinhold, Miltenberg

Jens Marco Scherf ist empört, das ist nicht zu überlesen. Er stelle sich ja gerne politischen und kontroversen Diskussionen, schreibt Miltenbergs Landrat in einem Instagram-Post. Es gebe aber Grenzen. Und in dem anonymen Drohbrief, den der Grünen-Politiker erhalten und auf Instagram veröffentlicht hat, "sehe ich jede Grenze des Tolerierbaren überschritten".

Die Drohung gegen den Landrat hat einen banalen Hintergrund: Im Dezember vergangenen Jahres hat der Miltenberger Kreistag beschlossen, die Restmülltonnen in dem unterfränkischen Landkreis nur noch alle vier statt wie bisher alle zwei Wochen abholen zu lassen. Dagegen regt sich Widerstand, der nun in dem Drohbrief mündete. "Hiermit möchten wir Ihnen unsere Aktion voranmelden die wir in der ersten heissen Woche demnächst durchführen werden", heißt es darin. Und weiter: "In einer nächtlichen Tat werden wir, das sind ca 40 Personen, Ihnen ausgesuchten Restmüll vor die Haustüre nach Wörth bringen und dort so deponieren, das sie es unmöglich schaffen diese zeitnah zu entfernen."

Auf Instagram schreibt Scherf: "Aktionen vor dem Haus meiner Familie oder dem Grundstück meiner Familie sollten und müssen für jeden tabu sein. Dass ich jetzt von einzelnen Personen mit Aktionen vor unsrem Haus oder auf unserem Grundstück bedroht werde, was meine Familie betrifft, ist ein Tabubruch." Er fordert, in der Diskussion Anstand zu wahren.

Die Verfasser des Briefes nennen sich Aktionsgemeinschaft gegen Verlängerung der Abfuhrzeiten der Restmülltonnen. Sie kündigen an, dem Landrat Ort und Zeit der "Lieferung" vorab mitzuteilen und laden Scherf im Anschluss zu einer Diskussion in ein Vereinsheim ein.

Ob der Brief strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen wird, bleibt abzuwarten. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg dauern an, als Tatbestand kommt versuchte Nötigung in Betracht.

Es geht darum, Kosten zu sparen und CO₂-Emissionen zu senken

Angesichts des Widerstandes, der in der Drohung gipfelte, stellt sich die Frage: Warum votierte der Landkreisrat eigentlich für eine Änderung bei der Abholung des Restmülls? Ausschlaggebend seien drei Argumente gewesen, teilt das Landratsamt mit: Erstens sei man bestrebt, Kosten zu sparen, um Gebührenerhöhungen für die Bürger möglichst gering zu halten. Zweitens wolle man den Logistikaufwand sowie Fahrzeug- und Personalbedarf reduzieren. Und drittens sparten weniger Restmüllfahrten CO₂ ein.

Damit die Tonnen nicht überquellen, soll ihre Größe von Juli 2024 (dem Startzeitpunkt des neuen Taktes) verdoppelt werden. "Die vier-wöchentliche Restmüllabfuhr ist keine Erfindung des Landkreises Miltenberg", heißt es aus dem Landratsamt. Vielmehr werde diese in anderen Kreisen bereits in teils noch größerem Abstand praktiziert. "In keinem dieser Landkreise kam es zu Geruchsbelastungen oder hygienischen Problemen." Zudem werde in Miltenberg der Biomüll vom Restmüll getrennt, der daher "fast ausschließlich trockene Abfälle" enthalte.

Dass der Streit um die Restmüll-Abholung solche Formen annimmt, kritisiert Landrat Jens Marco Scherf auch deswegen, "weil vermehrt kommunalpolitisch aktive Menschen bedroht werden und davon auch deren Familien betroffen sind". Anfang März zum Beispiel hatten Unbekannte einen zweigeteilten Schweinekopf vor das Haus des Bürgermeisters der unterfränkischen Gemeinde Hendungen (Landkreis Rhön-Grabfeld) gelegt und einen weiteren auf dem Gartenzaun seines Stellvertreters aufgespießt. Die Polizei hat bisher keinen Tatverdächtigen ermittelt.

Erst am vergangenen Freitag sah sich Frank Zeitler, Bürgermeister der oberpfälzischen Stadt Nabburg (Landkreis Schwandorf), einem Angriff ausgesetzt. Der Polizei zufolge überschüttete ein 67-Jähriger Zeitler in dessen Büro im Rathaus mit einem Eimer Schlamm. Dem Angriff war ein Streit vorausgegangen, der Mittelbayerischen Zeitung zufolge ging es dabei um den Betrieb eines Jugendcamps. Dem Betreiber sei von der Stadt der Pachtvertrag gekündigt worden, daraufhin sei er nach eigener Aussage ins Rathaus gegangen und habe den CSU-Politiker mit Fäkalien aus der Kläranlage übergossen. "Eigentlich wollte ich ihm den Dreck nur ins Büro kippen. Dass ich ihn getroffen habe, war ein Versehen", sagte er. Die Polizei ermittelt gegen den Mann wegen des Verdachts der Beleidigung, Bedrohung, Sachbeschädigung und versuchten Körperverletzung.

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