Milchkrise:Bauern-Demo gegen EU-Agrarkommissar

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Mit Traktoren, Protestplakaten und einem gellendem Pfeifkonzert haben in Herrsching Milchbauern aus ganz Oberbayern und dem Allgäu gegen die Agrarpolitik der EU protestiert. Anlass war ein Auftritt des EU-Agrarkommissars Phil Hogan beim bayerischen Bauernverband. Die Demonstranten machen den irischen Politiker und seinen harten Kurs in der Milchpolitik verantwortlich für die tiefe Krise, in der sie seit Monaten stecken. Besonders empört waren sie über das beispiellose Hin und Her von Zu- und Absagen vor Hogans Auftritt.

Die Milchkrise geht den Bauern längst an die Substanz. Im Durchschnitt bekommen sie nur noch zwischen 29 und 30 Cent für den Liter Milch. Das sind gut sieben Cent weniger als vor einem Jahr. Allein im Freistaat dürften die Verluste demnächst die Milliarden-Grenze erreichen. Vor allem Landwirte, die in neue Ställe, Melkanlagen und Gerätschaften investiert haben, sind in massiven Existenznöten. Zumal es keine Anzeichen für ein Ende des Preisverfalls gibt. Experten zufolge wird er wenigstens bis Mitte 2016 anhalten.

Die Milchbauernorganisation BDM fordert seit Monaten, dass die EU befristet mittels Vorgaben die Milchproduktion in Europa drosselt. Ihr Argument: Nur wenn weniger Milch auf dem Markt ist, erholt sich der Preis. Bayerns Agrarminister Helmut Brunner (CSU) und andere Länderagrarminister unterstützen die Forderung. Allein EU-Kommissar Hogan will nichts davon wissen. Der Ire zweifelte unlängst sogar an, dass die Krise viele Bauern in Existenznöte stürzt. "Hogans Umgang mit uns ist von beispiellosem Zynismus geprägt", sagt BDM-Chef Romuald Schaber.

Vor Hogans Besuch in Herrsching gab es ein einzigartiges Hin und Her. Die Visite war langfristig vereinbart. Der Bauernverband wollte gegenüber dem EU-Kommissar darauf drängen, dass er die zugesagten Vereinfachungen der überbordenden Bürokratie umsetzt. Außerdem wollte auch er Hilfen für die Milchbauern einfordern. Einen Tag vor seinem Besuch sagte Hogan plötzlich ab - ohne Angabe von Gründen. Insider vermuten, die Furcht vor wütenden Demonstranten habe Europas höchsten Agrarpolitiker zu dem Schritt bewogen. Die EU-Kommission äußerte sich dazu aber nicht. Erst nach einer Intervention des Bauernverbands kam der Ire dann doch nach Herrsching.

© SZ vom 04.12.2015 / cws - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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