Süddeutsche Zeitung

Migration:CSU verlangt Einreiseverbot für Flüchtlinge ohne Papiere - und erntet Kritik

  • Erst sorgt die CSU mit ihrer Forderung nach einer Integrationspflicht für Aufsehen, nun folgt der nächste Aufreger: Flüchtlinge sollen nur noch mit gültigen Papieren einreisen dürfen.
  • Kommende Woche will die CSU den entsprechenden Beschluss bei der Klausurtagung in Wildbad Kreuth verabschieden.
  • Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl und die SPD kritisieren den Vorschlag heftig.

CSU: Zur Not die Außengrenzen dauerhaft sichern

Flüchtlinge sollen nach dem Willen der CSU nur noch mit gültigen Papieren einreisen dürfen. Die deutsche Außengrenze müsse zur Not wieder dauerhaft gesichert und Personen ohne gültige Einreiseerlaubnis sollten zurückgewiesen werden, heißt es in einer Beschlussvorlage der CSU-Landesgruppe im Bundestag, die kommende Woche bei der Klausurtagung in Wildbad Kreuth verabschiedet werden soll.

Eine Einreise nach Deutschland solle nur noch dann möglich sein, "wenn auch gültige Ausweisdokumente vorgezeigt werden können". Andernfalls seien die Personen bereits an der Grenze zurückzuweisen. "Die Beschaffung von Ersatzpapieren kann schließlich auch in unseren sicheren Nachbarstaaten erfolgen", steht in dem Papier. Nach dem Dublin-Abkommen müssen Asylbewerber eigentlich von den EU-Ländern aufgenommen werden, in denen sie als erstes in der Europäischen Union ankommen.

In dem CSU-Papier heißt es weiter, durch die bewusste Vernichtung von Ausweispapieren und falsche Angaben von Antragstellern würden Asylverfahren nicht nur verschleppt, sondern oftmals vollständig unmöglich gemacht. "Dies kann unser Rechtsstaat nicht länger hinnehmen, will er auf Dauer ein Rechtsstaat bleiben." Auch wenn in den letzten Wochen weniger Flüchtlinge nach Deutschland gekommen seien, sei noch "keine dauerhafte Reduzierung und Begrenzung" erreicht.

Erst zu Wochenbeginn war ein CSU-Papier für die Klausur bekannt geworden, in dem die Partei verlangt, länger bleibende Migranten zu Deutschkursen und einem Grundwerte-Bekenntnis zu verpflichten. Die Forderung war auf heftige Kritik gestoßen.

Pro Asyl kritisiert den CSU-Vorstoß

Auch die neue Forderung der CSU haben SPD und Pro Asyl bereits zurückgewiesen. "Wir brauchen die Umsetzung der klugen Vereinbarungen, die längst getroffen sind und nicht jeden Tag neue CSU-Vorschläge, die auf Stimmungen am rechten Rand zielen", sagte SPD-Vize Ralf Stegner der Passauer Neuen Presse, die zuerst über den CSU-Vorstoß berichtet hatte. "Wir haben Freizügigkeit in Europa und halten daran auch fest. Die Union macht mit ihren ständigen Querschüssen in der Flüchtlingspolitik die Ressentiments der AfD hoffähig."

Der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt, warf der CSU "gefährlichen Aktionismus auf Kosten der Menschenrechte von Flüchtlingen" vor. Die meisten Menschen könnten nur ohne gültige Papiere und illegal fliehen. "Die CSU versucht, den Koalitionspartner SPD und das Kanzleramt vorzuführen und auf die ohnehin rechtsstaatlich inakzeptable Einigung, Eilverfahren einzuführen, noch draufzusatteln", warnte Burkhardt.

Die Parteichefs von CDU, CSU und SPD - Kanzlerin Angela Merkel, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Sigmar Gabriel - hatten sich am 5. November unter anderem auf Eilverfahren "für Menschen ohne Mitwirkungsbereitschaft" geeinigt. Davon wären auch Flüchtlinge ohne Papiere betroffen. Wegen eines Streits über Details ist die Einigung jedoch noch nicht umgesetzt.

So ist die Situation auf der Balkanroute

Auch zum Jahresende kommen weiter täglich tausende Flüchtlinge über die Balkanroute nach Österreich und Deutschland. Allein am Dienstag wurden bis zum Mittag in Slowenien 2000 Migranten gezählt, wie Innenstaatssekretär Bostjan Sefic in Ljubljana berichtete. Am Vortag seien es 4200 gewesen, über das Weihnachtswochenende seien fast 11 000 Menschen registriert worden.

Seit Ungarn Mitte Oktober seine Grenzen mit einem Zaun dichtgemacht hat und die Balkan-Flüchtlingsroute über das EU- und Nato-Land Slowenien läuft, sind knapp 372 000 Menschen in Richtung Westeuropa durchgereist.

Viele nach Deutschland gekommene Flüchtlinge können den Behörden keine Ausweisdokumente vorlegen. Einige haben ihren Pass bei der Flucht verloren, andere werfen ihn vor dem Grenzübertritt weg, um ihr Herkunftsland zu verschleiern. Zudem können politisch Verfolgte und Menschen in einem Bürgerkriegsland oft bei den zuständigen Behörden in ihrer Heimat kein Reisedokument beantragen. Wer aber ohne Pass in die Bundesrepublik einreist, macht sich strafbar.

Gemäß Paragraf 3 des Aufenthaltsgesetzes sind Ausländer verpflichtet, einen gültigen Pass mitzuführen und sich an zugelassenen Grenzübergangsstellen polizeilich kontrollieren zu lassen. Für die unerlaubte Einreise sieht Paragraf 95 des Aufenthaltsgesetzes eine Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Gefängnis vor. Illegale Grenzübertritte werden aber oft nicht als Straftat erkannt und bleiben darum straffrei.

Bei der eindeutigen Straftat "illegaler Aufenthalt" - etwa wenn die Menschen trotz eines abgelehnten Asylantrages oder einer abgelaufenen Aufenthaltsgenehmigung nicht das Land verlassen - kommt es statt der Verhängung einer Strafe oft zu einer Abschiebung. Gelingt es den deutschen Behörden nicht, die Herkunft eines Ausländers zu ermitteln, kann dieser nicht abgeschoben werden. Mit einer Duldung darf er dann vorübergehend in Deutschland bleiben.

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